Nicht gegen das Auto spricht für das Velo

Das «Migros Magazin» (MM) bringt es in der Ausgabe dieser Woche (Nr. 16, 16. April 2012) am Beispiel Auto auf den Punkt, worum es in der Diskussion um Atomausstieg und Energiewende gehen müsste: Selber zu handeln. Den eigenen Lebensstil – und damit die eigene Energiebilanz – zu hinterfragen. Das Ergebnis muss auch Verzicht heissen, Verzicht indessen keineswegs weniger Lebensqualität. Mitnichten: Die Familie und die beiden Einzelpersonen, die das MM unter dem Titel «Freiwillig autofrei» vorstellt, scheinen nicht eben griesgrämige Zeitgenossen zu sein, bloss weil sie kein Auto ihr eigen nennen. Für Familie Rechsteiner aus Dörfllingen im Kanton Schaffhausen etwa ist der autofreie Lebensstil «das beste Antistressmittel überhaupt». Andreas Rechsteiner findet: «Wenn man irgendwo gut autofrei leben kann, dann in der Schweiz mit ihrem tollen öffentlichen Verkehr.» Dieter Steiner aus Zürich wiederum unterstreicht, dass es Leuten, die autofrei leben, (in aller Regel zumindest) nicht Autofeinde sind: «Ich bin nicht gegen das Auto per se, sondern für den autofreien Lebensstil.» Der selbständige Maler Marco Pestoni aus de Nähe von Bern schliesslich ist selbst beruflich per Bahn und Bus und mit einem Mobility-Auto unterwegs. Das funktioniert bestens.

Die Gipfeli ins Auto laden?

Was das alles heisst? Natürlich gehts so vieles ohne Auto nicht oder nicht mehr. Und natürlich sind ganz viele Menschen auf ein Auto angewiesen, weil sie abseits wohnen, weil sie nicht Velo fahren können oder gehbehindert sind, weil ihr Beruf dies erfordert. Würden aber mehr Menschen umdenken wie Familie Rechsteiner, wie Dieter Steiner oder Marco Pestoni, könnten sehr viele Pläne für Umfahrungsstrassen schubladisiert , teure Konzepte für Agglo-Entstauungsprogramme aufs Eis gelegt  und Fitnessstudios geschlossen werden – mal abgesehen von Unmengen CO2, die nicht freigesetzt würden. Der Velofahrer war gestern Abend an einer Podiumsdiskussion zu den Gemeinderatswahlen vom 6. Mai. Dabei war auch die geplante Talstrasse durchs Seetal ein Thema. Zwei Kandidaten (CVP und FDP befürworteten diese klar, während die SP-Kandidatin (leider) nicht klar Stellung bezog. Ein Kollege (ehemaliger CVP-Ortsparteipräsident) fasste später beim Apéro in einem Satz zusammen, was (auch) in diesem Fall Sache ist: «Was bringt uns eine solche Strasse, solange die Leute ihre Gipfeli beim Bäckler mit dem Auto holen?»

Das MM stützt sich in seinem Artikel übrigens auf den «Mikrozensus Vekehrsverhalten», den das Bundesamts für Statistik alle fünf Jahre erhebt. Die verfügbaren Zahlen stammen allerdings immer noch von 2005. Die Ergebnisse der Erhebung 2010 waren auf Anfang 2012 versprochen, wurden aber noch nicht veröffentlich. (Nachtrag: Sie liegen inzwischen vor, siehe Link)

In eigener Sache noch dies: Der Velofahrer besass in seinem mittlerweile 49-jährigen Leben schon drei Autos, das letzte verkaufte er 1998. Er ist seit 1992 zufriedener Mobility-Genossenschafter und braucht die rote Flotte vorwiegend, wenn er beruflich unterwegs ist. In der Regel lassen sich diese Fahrten lange voraus planen. Privat kann er auch auf das Auto eines Nachbarn zurückgreifen. Der Bahnhof ist zudem in fünf Minuten zu Fuss erreichbar. Dies alles sind Vorteile, die nicht jede(r) hierzulande hat.

Linktipps aus dem Migros-Magazin

www.clubderautofreien.ch

www.burgunder-bern.ch / www.kalkbreite.net (autofrei Wohnen)

www.mobility.ch

www.cartribe.ch

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