Dynamit explodiert den Velofahrer in den Tag

Zwei Monate «bike to work» sind am 30. Juni zu Ende gegangen. Mit dem Velo go schaffe galt natürlich vorher schon und gilt fürderhin, aber der Termin ist Gelegenheit, von der einen und anderen Begegnung darauf zu berichten. Zumal sich diese gerade eben häufen.

Erstens: Am letzten «bike to work»-Tag ereilte mich das Plattfuss-auf dem-Heimweg-Schicksal in meinen rund 20 diesbezüglichen Erfahrungsjahren zum zweiten Mal. Erst. «Shit happens», kommentierte mein Bruder auf meinen diesbezüglichen Facebook-Post umgehend. Was mich betrifft: Ich nahm die verbleibenden sechs Kilometer nach Hause frohgelaunt unter die Füsse, genoss den warmen Regen, gewahrte auf einer Wiese, an der ich ansonsten ja vorbeipresche, behornte Kühe (gibt’s also noch!) und wusste, ich würde am heimischen Herd warm empfangen. Am Vorabend, auf der späten Heimfahrt mit einem Freund, meinte derselbe, es sei Lebensqualität, mit dem Velo zur Arbeit fahren zu dürfen. Ich hatte ihm beigepflichtet.

T.N.T. – I’m Dynamite

Zweitens: Am anderen Morgen, das Hinterrad frisch geschlaucht, kurz nach sieben in die Stadt einfahrend, pedalt vor mir einer auf einem alten Militärvelo, aus seinem Rucksack hämmert die Musik hart. Ich hole ihn ein, wünsche einen schönen guten Tag und meine, momoll, solcher Sound befeuere für den bevorstehenden Tag; wir lachen uns an, er findet, weshalb denn solle man nicht auch auf dem Velo Musik hören dürfen, also so richtig, nicht mit Kopfhörer; wir fahren 200 Meter nebenher und verstehen uns gut, weil er nämlich die Lautstärke nicht auf «akustische Umweltschmutzung» hochgedreht hat. Dann biegt er ab, aber er nimmt nur einen anderen Weg, denn gleich treffen wir uns vor einem Rotlicht wieder, lachen uns abermals an, ich lasse den etwa Dreissigjährigen dann aber stehen und höre AC/DC hinter mir zwischen den Häuserzeilen krachen: «T.N.T – I’m Dynamite». «The man is back in town», heissts in dem Song an einer Stelle. Und «I’m a power-load» im Refrain. Es geht mit Kraft geladen in den Tag.

Drittens: Gleichentags am Mittag fahre ich mit dem Zug nach Hause, das Velo hängt am Haken. Neben mir platziert sich ein Student mit Fagott, unterwegs zum Unterrichten zwei Dörfer weiter. Er spricht mich auf mein Velo an, wir fachsimpeln, denn er hat auch mal eins dieser Marke besessen, er erzählt von früheren und langen Touren bis ans Nordkap. Das Masterstudium lasse ihm nun leiderleider kaum mehr Zeit dafür. Ich berichte von unseren Zwei-Drei-Wochen-Fahrten, worauf er meint, so kurze Fahrten verlören halt eben an Reiz, wenn man einmal so lange unterwegs gewesen sei. Ich kontere mit einem Lachen, steige beim nächsten Halt aus und wünsche ihm, er möge seine Abenteuerlust behalten und/oder aber auch ein gleichgesinntes Gegenüber für die gemeinsame Tour finden.

Neues Leben für die alten Taschen

Viertens: Ich habe unsere zwei 1989 für die Hochzeitsreise nach Griechenlang gekauften Karrimor-Gepäcktaschen auf Ricardo ausgeschrieben. Immer noch taugliche, leichte Dinger, wenngleich nicht wasserfest. Ein Paar hat sich Adrian aus Basel gesichert; ich schicke es ihm mit dem Wunsch, unsere guten Er-Fahrungen damit möchten bei ihm eine Fortsetzung finden. Er schreibt zurück:

«Mein Vater hatte genau solche Taschen in den 80ern gekauft, die ich dann erben konnte. Leider wurde mir eine in England gestohlen… Die [Taschen] haben auch für mich einen emotionalen Wert; ausserdem finde ich sie top bezüglich Gewicht und Qualität. Mich hat das Fieber wieder gepackt, hab mir anfangs Jahr ein günstiges, aber treues Tourenrad aus den 80ern gekauft und bin seither immer wieder unterwegs: Italien, Sardinien, um die Schweiz und jetzt dann Richtung Frankreich. Die Taschen werden also gebraucht.

Gute Fahrt, Adrian!

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