Angesichts des Umstands, dass im hiesigen Kanton (Luzern) am 13. Februar über die Initiative «Mehr fürs Velo» abgestimmt wird, lässt den Velofahrer beim täglichen Pedalen durch allerlei Presseerzeugnisse besondere Ausschau nach Geschriebenem halten, das er zwecks Propaganda für sein Anliegen – Ja stimmen! – auf den Gepäckträger klemmen könnte.
Zeilen mit diesbezüglich besonders hohem Nachrichtenwert sind ihm heute beim Nachhausependeln in der S9 im «Blick am Abend» unter die Augen gekommen. Unter dem Titel «In Katar gestrandet» beklagt sich da die uns gänzlich unbekannte Tamara Künzle, sie sei mit ihrem Freund, von den Malediven heimkommend, in Katar gestrandet, wo sie «wie der letzte Dreck behandelt» werde, völlig auf sich allein gestellt sei und, unter anderem, zum Frühstück habe Pommes Frites essen müssen.
Abgesehen davon, dass unsere Väter in Kinderzeiten zum Zmorge allemal mit Rösti zugeschaufelt wurden: Betrachten wir das Schicksal von Frau Künzle aus dem Blickwinkel des Radfahrers/der Radfahrerin, in der Hoffnung, auf diese Weise zu den geeigneten Argumenten zu gelangen, welche das stimmende Volk am 13. Februar zu einem velofreundlichen Entscheid bewegen.
Stichwort Pommes Frites: Wer Velo fährt, kommt unterwegs in einem halben Tag an mehr Verpflegungseinrichtungen vorbei als ein Flugzeug von seinem Jungfernflug bis zur Verschrottung.
Stichwort Einsamkeit: Wer Velo fährt, findet unterwegs seine grosse Liebe. Sich gemeinsam die Hände schmutzig zu machen beim Wiedereinhängen der Kette schweisst für ein ganzes Leben zusammen.
Stichwort leerer Handy-Akku: Was Tamara Künzle in Katar quält, kann auf dem Velo nicht geschehen. Der zeitgemässer Technik gegenüber aufgeschlossene Radler nutzt die Energie seines Nabendynamos, um sein I-Phone ständig unter Strom zu halten.
Stichwort Warten: Sie hocke hier schon seit Mitternacht und hoffe, dass es weitergehe, beklagt sich Frau Künzle im «Blick am Abend». Wer Velo fährt, bestimmt den Abfahrtszeitpunkt immer noch selbst. Basta.
Stichwort Nerven: Mit diesen sei sie langsam fertig, so die gute Frau weiter. Wer Velo fährt, tut seinem Nervenkostüm (und damit auch demjenigen seiner Mitwelt) erwiesenermassen viel Gutes.
Stichtwort letzter Dreck: Diesbezüglich hat das Velofahren leider leider ebenfalls die eine und andere Überraschung parat. Im Regen von einem Lastwagen überholt zu werden, sich im Winter durch die Schneemahden auf dem Velostreifen zu pflügen – derlei Widerwärtigkeiten sind nicht wirklich leichter zu ertragen als in Katar angestrandet werden zu müssen.
Stichwort angestrandet: Wer Velo fährt und, vom Leben getrieben, gleichwohl in Katar oder sonstwo stranden sollte, wird nicht mit seinem Schicksal hadern, sondern frische Luft pumpen, das rechte Bein übern Sattel schwingen und sich frohen Mutes auf den Nachhauseweg machen. Bis am 13. Februar sollte es bis Luzern reichen. Die Urnen schliessen für gewöhnlich um zwölf.