In seinem ersten Beitrag hat Fabian, des Velofahrers Sohn, geschildert, wie er auf die Idee kam, einen Velorahmen zu bauen und wie er dazu als erstes eine eigene Rahmenbau-Lehre entworfen und hergestellt hat. In diesem Bericht erzählt er vom Löten seiner ersten Gabel.
Nach dem abgeschlossenen Bau unserer Rahmenlötlehre, einigen Lötübungen sowie dem Studium von Rahmengeometriebüchern stand dem Bau des ersten Rahmens eigentlich nicht mehr viel im Wege. Bevor jedoch mit der Arbeit in der Werkstatt begonnen werden kann, muss die Konstruktion des gewünschten Rahmens komplett abgeschlossen sein, um überhaupt Rohre usw. in den richtigen Längen zuschneiden und anzupassen zu können. Um jedoch diese Rahmengeometrie definitiv festzulegen, müssen auch gegebene Grössen wie Steuerlagerhöhe und Masse der Gabel eingeplant werden. Weil jedoch die Vorbiegung, die jede Gabel aufweist, einen massgeblichen Einfluss auf das Fahrverhalten des Fahrrades hat (Wikipedia-Beitrag dazu), kann natürlich kann nicht eine beliebige Gabel eingepasst werden. Die Gabelvorbeugung muss mit der restlichen Geometrie übereinstimmen; die Gabel wird sozusagen auf den Rahmen zugeschneidert.
Gewünschte Gabel war nicht im Handel erhältlich
Und hier wurde es schwierig: Ich brauchte für meine Geometrie eine Gabel mit genau 38 Millimetern Vorbiegung. Als ich eine solche weder auf Ebay, bei Rose noch beim hiesigen Velohändler fand, wandte ich mich einmal mehr an Fahrradbau Stolz in Zürich, wo mir der Chef der Firma, Robert Stolz, ein interessantes Angebot unterbreitete: Er lud mich ein, vorbei zu kommen und die Gabel unter Aufsicht eines Mitarbeiters in der Stolz-Werkstatt in Wallisellen zu bauen.
Warum mir nicht einfach das nötige Material verkaufen? Das Einlöten des Gabelschaftrohres ist heikel und muss fehlerfrei gelingen; wird das Rohr beim Löten überhitzt, kann es brüchig werden und bei Schlägen beim Fahren (Randstein) brechen, was zu üblen Unfällen führen würde. Für mich war deshalb klar: Da ich noch kein Lötmeister bin, würde ich diese heikle Lotnaht fürs erste den Profis überlassen. Ich nahm als odas Angebot aus dem Hause Stolz an, und so stand ich am 21. Dezember des letzten Jahres beim Fahrradbau Stolz in der Werkstatt.
Der Bau einer Gabel selbst ist an sich keine so wilde Sache: Die Bestandteile – Scheiden, Ausfallenden, Steg, Schaft – werden zusammengepasst, dann verlötet und schliesslich fertig bearbeitet. Konkret heisst das: Die beiden Gabelscheiden müssen auf die richtige Länge zugeschnitten werden, zudem müssen sie so angepasst werden, dass sie vom Durchmesser her unten in die Ausfallenden passen und oben in den Gabelkopf. Auch muss beim Ablängen die spätere Biegung mit einberechnet werden, denn angeliefert und verlötet werden Gabelscheiden gerade, d.h. ungebogen. Bei einer Touren- oder Mountainbikegabel müssen zudem Anlötteile wie Bremsaufnahmen eingepasst werden, doch da ich ein Fixie plane, brauchte ich keinerlei Aufnahmen.
Von Hand gebogen
Nach dem Zusammenpassen werden die Gabelbestandteile zusammen mit dem Gabelschaftrohr in eine Gabellötlehre eingespannt und nach dem Bepinseln mit Flussmittel verlötet. Ist die Gabel abgekühlt und gereinigt, wird sie auf die korrekte Vorbiegung gebogen: Dazu wird die Gabel einfach in die Biegevorrichtung gesteckt und mit viel Gefühl nach unten gedrückt und gebogen, bis die gewünschte Vorbeugung erreicht ist.
Ist dies geschehen, bleibt nicht mehr viel zu tun: Die Gabel wird zuerst gerichtet, d.h. auf Paralellität und Symmetrie geprüft und eventuell etwas zurecht gebogen. Das Verputzen stellt den Finish dar: Mit Hilfe von Schleifpapier und Nadelfeile werden Lotresten entfernt und Unebenheiten beseitigt. Sehr hartnäckige Flussmittelreste werden im Säurebad entfernt.
Et voilà: Nach einem Morgen und einem halben Nachmittag bei Fahrradbau Stolz hielt ich schliesslich meine erste, auf meine Rahmengeometrie massgeschneiderte Gabel in den Händen. Was bleibt, ist das Einsenden zum Pulverbeschichten. Danach: Steuerlager kaufen, Ausmessen, letzte Rahmengeometrieanpassungen und dem Bau des ersten Rahmens steht definitiv nichts mehr im Wege . In diesem Sinne: Eine gute Woche und bis bald!
Diese Bildergalerie gibt ein paar Eindrücke vom Gabelbau wieder sowie aus der Werkstatt von Stolz-Fahrradbau in Wallisellen.
1 Kommentar
seeehr cool! freu mich wieder auf die Schweiz;)