Jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Schweiz hat 2010 täglich fast 37 Kilometer im Inland zurückgelegt. Verglichen mit 2005 hat damit die Tagesdistanz um 1.5 Kilometer oder rund 4 % zugenommen. Dies geht aus dem «Mikrozensus Mobilität und Verkehr»* hervor, den die Bundesämter für Statistik und für Raumentwicklung durchgeführt haben. Der Anteil des Velos an der Gesamtdistanz ist jedoch erneut leicht gesunken. Er betrug 2010 nur 0.8 km oder 2.1 % (siehe Tabelle). Gesunken ist allerdings auch die Anzahl Autokilometer. Die Zunahme der Tagesdistanz ist vor allem auf das starke Plus beim öffentlichen Verkehr zurückzuführen.
Mikrozensus Mobilität und Verkehr | 1994 | 2000 | 2005 | 2010 |
durchschnittliche Tagesdistanz in km | 31.3 | 35.0 | 35.2 | 36.7 |
davon Kilometer mit dem Velo / in Klammern Prozentanteil | 0.9 (2.8 %) | 0.9 (2.5 %) | 0.8 (2.2 %) | 0.8 (2.1 %) |
davon Kilometer mit dem Auto (Fahrer oder Beifahrer) | 21.3 (68 %) | 23.6 (67.4 %) | 23.7 (67.3 %) | 23.8 (64.8 %) |
davon Kilometer mit dem öffentlichen Verkehr | 6.6 (21 %) | 6.1 (17.4 %) | 7.0 (19.8 %) | 8.6 (23.4 % |
Das Velo habe vor allem beim Pendeln zur Ausbildung und zur Arbeit relativ hohe Anteile, heisst es im Bericht der beiden Bundesämter. 49 % der Etappenm zu Fuss von und zu den Haltestellen seien maximal 300 Meter lang. Bei über 80 % der Veloetappen stehe ein Veloabstellplatz ur Verfügung, allerdings sei nur jeder zweite leicht zugänglich. Eine Überdachung sei noch nicht Standard.
Widerspruch und Teufelskreis zugleich
Diese positiven Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Velo in den vergangenen zehn Jahren an Boden verloren hat. Dies ist eigentlich ein Widerspruch, zugleich aber auch ein verständlicher. Angesichts der zunehmenden Verkehrsdichte und Anzahl Staustunden liesse sich erwarten, dass das Velo für kürzere Distanzen die immer attraktivere Alternative wäre. Ist es aber nicht, weil das Velofahren im automobilen Dschungel auf vielen Pendlerstrecken geradezu lebensgefährlich ist. Zwar investieren Bund, Kantone und Gemeinden durchaus in sicherere Veloverbindungen, jedoch vergleichsweise immer noch zu wenig und sicher nicht genug, um dem motorisierten Verkehrsaufkommen Gegensteuer bieten zu können. Aufs Velo steigt indessen nur um, wer damit sicher und schnell von A nach B gelangt und am Arbeitsplatz einen gedeckten Abstellplatz vorfindet sowie allenfalls eine Dusche. Hier sind auch die Arbeitgeber gefragt. (Um diese zu sensibilisieren, läuft derzeit einmal mehr die Aktion «bike to work».)
Für den Veloverkehr bleiben nur Brosamen
Politik und Wirtschaft unterschätzen die Bedeutung des Fuss- und Veloverkehrs nach wie vor. Dies lässt sich mit Zahlen untermauern. Bund, Kantone und Gemeinden investieren pro Jahr und Einwohner nur 12 bis 25 Franken für den Veloverkehr und 5 bis 6 Franken für Fussgängerinnen und Fussgänger, hingegen 500 bis 550 für den motorisierten Verkehr. Für die Bahn sind es 300 bis 350 Franken. In absoluten Zahlen erhält der Veloverkehr pro Jahr 100 Millionen Franken oder nur 2 bis 4 % aller öffentlichen Verkehrsinvestitionen, während es allein für die Autobahnen fast 2.1 Milliarden Franken sind. Diese Zahlen gelten wie der Mikrozensus ebenfalls für das Jahr 2010. Sie sind der Studie «Nationale Finanzierungsmodelle für Veloinfrastrukturen; Grundlagen und Strategien» zu entnehmen. Diese hat die Stiftung «SchweizMobil» im Mai 2011 herausgegeben.
*Seit 1974 werden in der Schweiz alle fünf Jahre statistische Erhebungen zum Verkehrsverhalten der Bevölkerung durchgeführt (Mikrozensus Mobilität und Verkehr). In der neuesten Erhebung 2010 wur-den 59’971 Haushalte beziehungsweise 62’868 Einzelpersonen zu folgenden Schwerpunkten telefonisch befragt: Besitz von Fahrzeugen, Führerausweisen und Abonnementen, tägliche Mobilität (Anzahl Wege, Zeitaufwand, Distanzen), Verkehrszwecke und Verkehrsmittelbenutzung, Tagesreisen und Reisen mit Übernachtungen sowie Einstellungen zur Verkehrspolitik der Schweiz.
Die erhobenen Daten ergeben ein detailliertes Bild zum Verkehrsverhalten der Schweizer Wohnbevölkerung. Sie dienen als statistische Grundlagen für die Vorbereitung und die Erfolgskontrolle politischer Entscheide, aber auch als Input für vertiefte Analysen der Verkehrsentwicklung.
2010 haben sich noch stärker als im Jahr 2005 nebst anderen Bundesämtern und den beiden Eidge-nössischen Technischen Hochschulen (ETH) auch Kantone und Agglomerationen an der Erhebung beteiligt, indem sie zusätzliche Interviews mitfinanziert haben. Die Stichprobe konnte gegenüber der Erhebung 2005 fast verdoppelt werden.