Alte Liebe rostet ein bisschen

Herr Koller (*), mit dem der Velofahrer einst das Redaktionsbüro teilte und daselbst das Bemühen, Donnerstag für Donnerstag dem Seetal mit einer lesenwerte Zeitung zu bescheren, Herr Koller also setzt in Sachen Zweirad ebenso auf Qualität wie meine Person. Er bezieht dieselbe jedoch ausschliesslich auf Haltbarkeit und Zuverlässigkeit, nicht aber auf Aussehen und Funktionalität. Kurzum: Herr Koller fährt ein Armeerad. Und dies ungefähr, seit er den Führerschein besitzt. Davon handelt der nachfolgende Gastbeitrag, der ihm an dieser Stelle herzlich verdankt sei. Wer Herrn Kollers Schreibe gut findet, findet auf seinem Blog www.igosana.ch mehr davon. Bitte sehr!

(*) Herr Koller pflegt von sich selbst in der dritten Person zu sprechen und ist ein Anhänger des Pluralis majestatis. Uns, dem Velofahrer, gefällt das.

Es war im April 2006. Seinerzeit war der Verfasser dieser Zeilen noch ein junger Wilder, stand im Sold des «Seetaler Boten» und somit unter Knute seines damaligen Lehrmeisters, des Velofahrers. Weiland lebte der junge Wilde in Luzern. Täglich hatte er auf dem Weg zum Bahnhof eine steile Abfahrt zu meisten, mit dem Fahrrad versteht sich. An jenem schicksalshaften Montagmorgen war es noch etwas gar früh, der Schreiber nicht eben wach. Just am Ende der steilen Abfahrt stoppte ein Autofahrer unverhofft. Ein Bremsmanöver wäre nicht sehr erfolgsversprechend gewesen, denn das junge Textverarbeitungssystem war mit Rosty unterwegs, seinem alten Militärgöppel. Dessen Bremskraft hält sich insbesondere bei Regen doch eher in Grenzen. Folglich blieb kein anderer Ausweg, als aufs Trottoir. Trotz geschätzten 40 Sachen gelang es immerhin, den Lenker etwas anzuheben. Der Schlag auf die Vorderfelge war dennoch erheblich. Rosty nahm es ohne Murren hin. Kein Plattfuss, kein verformtes Rad. Dank einigermassen vorhandenen Fahrkünsten des Pedaleurs kam es auch zu keinem Sturz – vor allem aber dank einer gehörigen Portion Glück. Gar den Zug ins Seetal erreichte der leicht Geschockte noch.
Ewige Treue

Spätestens damals schwor der junge Herr Koller dem alten Drahtesel ewige Treue. Wer so hart im Nehmen ist, den muss man lieben. So ist es bis heute. Seit mehr als zwölf Jahren leistet das betagte, aber umweltfreundliche Kampffahrzeug unentbehrliche Dienste. Wie viele Jahre Rosty auf seinem stählernen Buckel hat, weiss niemand genau. Denn die Geschichte der Besitznahme ist diffus. Der Erzeuger des Schreibers brachte die schwarze Perle eines Tages aus Luzern nach Hause. Sie habe ein halbes Jahr lang im Vögeligärtli unter einem Haufen herrenloser Drahtesel gelegen, rechtfertige er den nicht ganz legalen Erwerb. Der alte Koller hatte sich des alten Soldaten erbarmt. Lediglich ein Aufpumpen der Pneus war notwendig. Indes hatte die Lagerung auf dem innerstädtischen Velofriedhof dem Lack etwas zugesetzt – daher der Name. Doch wer wirklich verliebt ist, übersieht solche Oberflächlichkeiten. Was zählt, sind die inneren Werte. Dennoch, ein bisschen pimp my rost musste sein. So wurde die offenbar unkapputbare Mühle vor Jahren mit einem Seitenständer getunt, und mit Leuchten im Rad. Damit sie noch unzählige Kilometer und viele harte Schläge auf sich nehmen kann.

(*) Herr Koller pflegt von sich selbst in der dritten Person zu sprechen und ist ein Anhänger des Pluralis majestatis. Uns, dem Velofahrer, gefällt das.

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3 Kommentare

Zwar kann meine Perle altersmässig nicht ganz mit Rosty mithalten. Aber als letztes erwerbbares Expo-Velo, dass gern auf mehbesser macht (Banausen meinen aufgrund der Rahmenform, es handle sich um ein elektrogepimptes Modell – was mir als einigermassen sportlichen Person natürlich nicht ins Haus kommt!!). Item. Meine Ex-Expo-Perle ist ein wenig eifersüchtig und verlangt auch nach ihren 15 Minuten Öffentlichkeit.
Zeigt der Velofahrer Herz?

Tja, gschätzte Edelfeder, du bist natürlich allerherzlichstens eingeladen, es Herrn Koller nachzutun und in die Tasten zu greifen. Wir würden, falls Du Dich dazu entschlössest, natürlich dein Velociped auch gerne abbilden. Ride on!

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