Es gab mal einen Luzerner Regierungsrat (es gibt ihn immer noch und er war in jüngeren Jahren oft auf dem Velo anzutreffen); dieser Regierungsrat also bezeichnete gerne als «Luft und Biswind», was seiner Meinung nach Amtsstuben als Furzidee entwichen sein musste, womit sich Wichtigtuer wichtig zu tun meinten oder was das Papier, auf dem eine Sache beschrieben war, nicht wert war. An selbigen Regierungsrat erinnert sich der Velofahrer, wenn er mutmasst, was der Bundesrat von den im September eingereichten Motionen des Basler Nationalrats Markus Lehmann (CVP) hält: Luft und Biswind. Er beantragt dem Parlament, alle drei Vorstösse abzulehnen.
Motion Nummero 1, mit welcher Nationalrat Lehmann die «Einführung von Veloschildern zur Identifikation der Zweiräder bzw. deren Besitzer» fordert. Dies sei «nicht zielführend», meint der Bundesrat und verweist auf die entsprechenden Ausführungen in seiner Antwort auf die Interpellation Nr. 14.3490. Wir ahnen es schon: Dieselbe hatte derselbe Nationalrat eingereicht und damals schon eine abschlägige Antwort kassiert. Weshalb er wenig später mit noch stärkerem Geschütz, einer Motion, nachdoppelte? Eure Mutmassungen werden an dieser Stelle gerne veröffentlicht.
Motion Nummero 2, mit welcher Nationalrat Lehmann forderte , «Velorowdys härter [zu] bestrafen.» Es dürfe «keine Toten mehr wegen Unfällen Velo gegen Velo und Velo gegen Fussgänger» geben. Das geltende Recht biete «genügend Handhabe, um gegen fehlbare Fahrradfahrer vorzugehen», meint dazu der Bundesrat. Härtere Strafen müssten nicht eingeführt werden, vielmehr seien die bestehenden Regeln noch besser durchzusetzen. Auch für diese Antwort hätte die Bundesverwaltung nicht bemüht werden müssen. Sie wäre mittels Konsultation der einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen günstiger und schneller zu haben gewesen. Ein Anruf bei der nächsten Polizeiwache hätte womöglich ebenfalls weitergeholfen.
Motion Nummero 3, mit welcher Nationalrat Lehmann fordert, es sei «die Sicherheit im Strassenverkehr [zu] verbessern durch gezielte Massnahmen betreffend Veloverkehr, durch Erlasse von entsprechenden gesetzlichen Vorgaben und Anpassungen.» Alle E-Bike ab 1000 W (>25kmh) müssten Tachos haben. Radarfähige Nummernschilder müsstem Pflicht werden und es seien obligatorische Fahrprüfungen einzuführen für 1000-Watt-E-Bikes. Zu prüfen sei auch, ob sich die schnellen E-Bike auf den Velowegen bewegen sollen oder Motorrädern gleichzustellen sind. Der Bundesrat sagt auch dazu nein. Er verweist darauf, dass E-Bikes mit einer Leistung von über 1000 Watt als Motorräder gälten, für diese bestehe bereits eine Tachometerpflicht und es brauche die Töffprüfung. Die schnellen E-Bikes wiederum (26-45 kmh) hätten bereits ein Kontrollschild, das von den Geschwindigkeitsmessanlagen erfasst werden könne. Für diese gelte zwar keine Tachometerpflicht, doch die meisten hätten einen Bordcomputer, der die gefahrene Geschwindigkeit anzeige. Der Bunderat ist auch dagegen, die schnellen E-Bikes mit Motorrädern und Autos gleichzustellen und also von Radwegen zu verbannen, wie dies Nationalrat Lehmann prüfen wollte. Geschwindigkeitsniveau und Fahrweise von schnellen E-Bikes sprächen eher für die Gleichstellung mit den übrigen E-Bikes und Velos, findet der Bundesrat. – Auch hier gilt: Antwort 1 hätte sich Herr Lehmann mit ein paar Minuten Nachschlagen und dem Besuch eines einschlägigen Fachgeschäfts selbst geben können, Antwort 2 dito, Antwort 3 schliesslich konnte gar nicht anders ausfallen, wenn die Forderung des Motionärs lautete, es seien Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Strassenverkehr zu ergreifen.
Windstille ist kein (politisches) Geschäft
Da hat nun einer im Namen der Politik ordentlich viel Luft und Biswind produziert. Mit dem Aufwand für die Beantwortung der Vorstösse und deren Behandlung im Parlament hätte bestimmt der eine und andere Meter Veloweg finanziert werden können. Der Sache dienlicher wäre überdies gewesen, sich mit Interessenvertretern an einen Tisch zu setzen und sich bei diesen zu erkundigen, wie es sich mit einem kritisierten Umstand verhält, bevor man den Bundesrat auf denselben ansetzt. Doch Zuhören ist eine Kunst, die viele Politikerinnen und Politiker nach der Wahl umgehend verlernen. Und Windstille selten ein Geschäft. Was die Velopolitik betrifft: Diese aus dem Sattel zu betreiben, ist halt anstrengend.
Zwecks Untermauerung der obigen Zeilen nachfolgend die drei Lehmann’schen Vorstösse und deren Beanwortung durch den Bundesrat. Die Behandlung im Parlamenst steht noch aus.
14.3852 – Motion, Einführung von Veloschildern zur Identifikation der Zweiräder bzw. deren Besitzer, Einreichungsdatum 25.09.2014
Der Bundesrat wird gebeten die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, um alle Zweiräder bzw. deren Besitzer zu identifizieren, damit diese bei Verkehrsübertretungen entsprechend belangt werden können. Dies soll durch (Wieder-)Einführung von Veloschildern geschehen, kostenneutral, d.h. die administrativen Kosten werden den Velobesitzern übertragen. Ob die Kantone eine Kostenregelung, im Sinn der Weiterbelastung, übernehmen, sei ihnen zu überlassen.
Begründung:
Immer mehr werden die Städte und grösseren Agglomeration von einem neuen Phänomen heimgesucht, dem sogenannten „Velolittering“. Tausende von herrenlosen Velos werden irgendwo abgestellt – teilweise gestohlene Räder – und können den Besitzern nicht mehr zugeführt werden. Gleichzeitig werden an allen möglichen Orten (insbesondere Stangen, Absperrungen, Verkehrstafeln) Zweiräder abgestellt und mit massiven Ketten und Drahtseilen festgebunden, zum grossen Ärgernis von städtischen Bewohnerinnen und Bewohner und auch Geschäften. Die Einführung von Veloschilder ist Sache des Bundes und weil es nicht alle Kantone und Agglomerationen gleich betrifft, sollen durchaus entsprechende Ausnahmeregelungen vorgesehen werden.
In der Velohochburg Holland, werden gemäss einem Bericht der NZZ jedes Jahr bis zu 130’000 Fahrräder eingesammelt und nach drei Monaten in ein Drittweltland verfrachtet. Weil Holland auch keine Veloschilder kennt, kann man jeweils schwerlich beweisen, dass man Besitzer des entsprechenden Velos ist!
Stellungnahme des Bundesrates vom 05.11.2014
Der Bundesrat erachtet die Einführung von Veloschildern als nicht zielführend und verweist auf die entsprechenden Ausführungen in seiner Antwort auf die Interpellation 14.3490.
Auch vor der Abschaffung der Velovignette konnte einzig die deckungspflichtige Haftpflichtversicherungsgesellschaft ermittelt werden, nicht aber der Fahrradeigentümer.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
14.3851 – Motion, Velorowdys härter bestrafen. Keine Toten mehr wegen Unfällen Velo gegen Velo und Velo gegen Fussgänger, Einreichungsdatum 25.09.2014
Der Bundesrat wird beauftragt, die Strassenverkehrsordnung mit griffigen Massnahmen zu versehen, damit Velofahrer die in grobfahrlässiger Weise die Strassenverkehrsregeln missachten, hart bestraft werden. Insbesondere soll es Velorowdys betreffen, welche unter gröbster Missachtung von Regeln des Zusammenlebens Unfälle und Leid verursachen. Für die dazu nötige Verkehrsüberwachung sollen vom Bund entsprechende gesetzliche Grundlagen ausgearbeitet werden.
Begründung:
Wenn Sie den Sorgenbarometer von Seniorinnen und Senioren anschauen, so steht die Angst von Velofahrern auf dem Trottoir angefahren zu werden, ganz oben auf der Liste. Ja man getraut sich kaum noch auf die Trottoirs, aus der begründeten Angst von Velorowdys angefahren zu werden. In Basel gab es im Jahr 2013 zwei Tote im Strassenverkehr; Velo gegen Fussgänger! Hallo wie bitte, ja Sie haben richtig gelesen!
Es ist natürlich nicht die Mehrheit der Zweiradfahrer die sich nahezu kriminell mit ihren Velos insbesondere in den Städten bewegen, aber man stellt auch immer mehr die Unsitte fest, dass Velos mit Anhänger (inklusive Kinder darin) auf den Trottoirs fahren ohne Rücksicht zu nehmen auf Fussgänger. Auch werden Fussgängerstreifen immer mehr benutzt, um sich mit dem Velo einen nicht gestatteten Vortritt zu erzwingen und dabei Kopf und Kragen zu riskieren.
Im Jahr 2013 musste man in Basel zwei Tote beklagen wegen Unfällen Velo gegen Fussgänger, kürzlich wurde Fahrerflucht begangen nach einen schweren Unfall Velo gegen Velo, die schwerverletzte Person wurde liegen gelassen. Es gäbe beliebige Vorkommnisse aufzuzählen in den Städten. Endlich werden Statistiken geführt, diese sind aber nur bedingt aussagekräftig, weil die meisten Unfälle nicht der Polizei gemeldet werden.
Leider werden Überwachungskameras im öffentlichen Raum von der Politik immer wieder abgelehnt, dabei wären diese eine gute Unterstützung nicht nur zur Verbrechensbekämpfung, nein auch im Verkehr könnte dadurch viel zur Beruhigung und Aufklärung beigetragen werden.
Stellungnahme des Bundesrates vom 29.10.2014
Das geltende Recht bietet genügend Handhabe, um gegen fehlbare Fahrradfahrer vorzugehen.
Radfahrern drohen, wie allen anderen Verkehrsteilnehmenden auch, bei einer leichten Verletzung von Verkehrsregeln eine Busse und bei schweren Verkehrsregelverletzungen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Analog zum Ausweisentzug bei Automobilisten kann auch Radfahrern das Fahrradfahren untersagt werden. Bestehen Bedenken über die charakterliche Eignung eines Radfahrers, kann, wie bei Motorfahrzeugführern auch, eine Fahreignungsabklärung angeordnet werden. Ist die Eignung nicht gegeben, kann die Behörde dem Betroffenen das Radfahren verbieten. Hält er sich nicht an dieses Verbot, droht eine Busse in der Höhe von maximal 10 000 Franken. Bei einem Unfall mit Verletzten oder Toten droht zudem eine Verurteilung wegen Körperverletzung oder Tötung nach dem Strafgesetzbuch.
Härtere Strafen müssen nach Auffassung des Bundesrates nicht eingeführt werden. Vielmehr müssen die bestehenden Regeln noch besser durchgesetzt werden. Eine Videoüberwachung ist dazu aber nicht geeignet, zumal die Fahrradfahrer nur schwer zu identifizieren wären. Zielführender ist es, wenn die Kontrollbehörden bei Unfall- oder Widerhandlungsschwerpunkten gezielt Kontrollen durchführen und die fehlbaren Fahrradfahrer sanktionieren.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
14.3850 – Motion, Die Sicherheit im Strassenverkehr verbessern durch gezielte Massnahmen betreffend Veloverkehr, durch Erlasse von entsprechenden gesetzlichen Vorgaben und Anpassungen, Einreichungsdatum, 25.09.2014
Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass bei allen E-Bike ab 1000W (>25kmh) Tachos vorhanden sind und wo nicht vorhanden, nachgerüstet werden. Weiter müssen radarfähige Nummernschilder Pflicht werden und es sind obligatorische Fahrprüfungen einzuführen für E-Bike 1000W. Zu prüfen ist auch, ob sich die schnellen E-Bike auf den Velowegen bewegen sollen oder Motorrädern gleich zustellen sind.
Begründung:
Die neueste Unfallstatistik bringt es an den Tag, die Unfälle mit E-Bike haben schweizweit um 30 Prozent zugenommen. Insbesondere haben die schweren Unfälle zugenommen und eine weitere Zunahme ist zu erwarten mit der derzeitigen Entwicklung des Verkaufs von E-Bike.
Die gesetzlichen Voraussetzungen müssen geschaffen bzw. angepasst werden, so dass man auch E-Bikefahrerinnen und -fahrer (1000W und mehr) entsprechend büssen kann, wenn sie zu schnell fahren, speziell in 20er und 30er Zonen. Denn dort ist die Gefahr insbesondere für ältere Menschen, aber auch „normale“ Velofahrende und andere Verkehrsteilnehmende, exorbitant gestiegen. Tagtäglich kann beobachtet werden wie sich E-Bikefahrende nicht an die Verkehrsregeln halten und durch ihre Fahrweise zu einer grossen Gefahr für Mensch (und Tier) werden, weil man sie kaum bemerkt, weil nahezu geräuschlos! Man soll handeln bevor wir viele Tote beklagen müssen – dies gehört in ein weiteres Massnahmenpaket zur Strassenverkehrsordnung nämlich als „Via-Sicura-Velo“. Auch beim Veloverkehr ist es, unter Berücksichtigung der vielen verschiedenen Zweiräder, angezeigt, wichtig und richtig, Massnahmen ins Auge zu fassen, bevor es zu spät ist bzw. bevor viel Leid zu beklagen ist!
Stellungnahme des Bundesrates vom 12.11.2014
E-Bikes mit einer Leistung von über 1000 Watt gelten als Motorräder. Für diese gilt eine Tachometerpflicht. Sie verfügen zudem über ein Kontrollschild, das von Geschwindigkeitsmessanlagen erfasst werden kann, und dürfen nur mit einem Führerausweis für Motorräder (A, A1) gefahren werden.
E-Bikes mit einer Tretunterstützung zwischen 26 und 45 km/h und einer Leistung bis 1000 Watt (sog. schnelle E-Bikes) gelten als Motorfahrräder. Deren Führer und Führerinnen benötigen einen Führerausweis der Kategorie M und legen somit heute schon eine Prüfung ab. Die schnellen E-Bikes haben bereits ein Kontrollschild, das von den Geschwindigkeitsmessanlagen erfasst werden kann. Eine Tachometerpflicht besteht hingegen nicht. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 14.3490 dargelegt hat, müssen aber auch Führer und Führerinnen von schnellen E-Bikes die Geschwindigkeitsvorschriften einhalten und können bei Widerhandlungen zur Rechenschaft gezogen werden. Die meisten schnellen E-Bikes verfügen zudem über einen Bordcomputer, der die gefahrene Geschwindigkeit anzeigt. Der Bundesrat erachtet deshalb eine Tachometerpflicht bei schnellen E-Bikes zur Erhöhung der Verkehrssicherheit als nicht notwendig.
Ein Verbot der Benutzung von Radwegen erachtet der Bundesrat nicht als zielführend. Geschwindigkeitsniveau und Fahrweise von schnellen E-Bikes sprechen eher für die Gleichstellung mit den übrigen E-Bikes und Velos als für die Gleichstellung mit Motorrädern und Motorwagen. Bei Bedarf haben die Vollzugsbehörden zudem heute schon die Möglichkeit, schnelle E-Bikes im Einzelfall von der Benutzung des Radwegs auszuschliessen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.