Das Velo zur Vernunft bringen

Dieser Titel ist natürlich missverständlich. Velos sind nicht unvernünftig. Der Vernunft abhold sind aber jene, die lieber motorisiert im Stau stehen und nicht einsehen, dass sie besser vorwärts kämen, würde sich Politik und Wirtschaft für eine vernünftige(re) Aufteilung des Strassenraums einsetzen und der Gesellschaft ebendies schmackhaft machen. Also ist das Velo zur Vernunft zu bringen und dieselbe in jene Köpfe, in denen das Velo sich hartnäckig als linke und grüne Idee hält. Zu jener logischen Vernunft, die von der motorisierten Mehrheit mitgetragen werden kann.

Aber wie?

Am Schweizerhofquai in Luzern steigt die Anzahl Velofahrerinnen und -fahrer selbst in einem Sonnensommer wie dem vergangenen auf nicht mehr als knapp 150’000 pro Monat. «Was bräuchte es, damit mehr Menschen häufiger Velo fahren?», fragt(e) Pro Velo Luzern deshalb und lud gestern zu einem Workshop dazu ein. Nebst etlichen Vorstandsmitgliedern und zwei berufsbedingt anwesenden Interessierten liessen sich darauf nur gerade zwei Aussenstehende ein, darunter der Schreibende. Das waren wenige. Aber genug, um die Köpfe rauchen zu lassen.

Auf der Hand liegt, dass sich engagierte Velofahrende bei der Diskussion über dieses Thema erst einmal und gerne in den Defiziten verlieren, die aus ihrer Sicht mehr Vernunft auf unseren Strassen verhindern: Das Strassenverkehrsrecht sei aufs Auto ausgerichtet, es mangle an Abstellplätzen, Autopendeln lohne sich steuerlich, Velofahren gelte als gefährlich, wohingegen noch niemand Autofahrern einen Helm aufzwingen habe wollen, und und und.

Das frustriert. Zumal politisch fürs Velo selten Mehrheiten zu finden sind. Anzusetzen sei deshalb beim Image des Velos, befand die Runde. Oder, wie es eine Teilnehmerin ausdrückte: «Wir müssen die Haltung vermitteln, dass man auch als Bürgerlicher Velo fahren darf.» Wie dies zum Beispiel der Luzerner SVP-Regierungsrat Paul Winiker tut, der von seinem Wohnort Kriens nach Luzern mit dem Velo pendelt.

Lösungen lagen nach den drei Stunden nicht auf dem Tisch. Beschlossen wurde, jene zwei Punkte aus der entstandenen langen Liste aufzugreifen, die angesicht der finanziellen und personellen Möglichkeiten der Pro Velo Luzern (vielleicht) machbar sind: Das – siehe oben – Image des Velos und die Idee, dass Verbündete Schub bringen könnten.

  • Das Velo und sein Image: Die gut verankerte Aktion Bike to work könnte dazu als Plattform genutzt werden. Bekannte Unternehmen und Namen aus Politik und Wirtschaft müssten sozusagen als «Vorfahrer» gewonnen werden. Oder, ganz einfach: Velos, die für Bike to work unterwegs sind, müssten erkennbar werden.
  • Verbündete gewinnen, Allianzen schmieden: Es gibt wohl kaum Autohändler oder Garagisten, der Mitglied des TCS oder ACS ist. Aber beim Velo? Velohändler wollen oft nur verkaufen und sich nicht auch zu verkehrspolitischen Ziele bekennen, die mit dem Velo verknüpft sind.

Wie weiter? Die drei Stunden unter Seinesgleichen waren zwar eine ernüchternde Analyse, jedoch auch ermutigend. Denkbar, dass sich weitere Workshops anschliessen, allenfalls mit fachlicher Unterstützung aus PR und visueller Kommunikation.

Nach Workshops fängt die Arbeit für gewöhnlich erst an.

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