Freipass für Velofahrer ärgert Beizer», titelte die «Zentralschweiz am Sonntag vor einer Woche (25. September 2016). Aus dem halbseitigen Beitrag grollt mir der «Klausen Passhöhe»-Wirt vierspaltig entgegen, derweil auf der Strasse hinter ihm ein scheinbar einsamer Gümmeler an seinem Gasthaus vorbeipedalt.
Wie Zeitung und Regionalfernsehen über das diesjährigen Freipass-Wochende berichteten, sei «echt traurig und teilweise schlicht falsch», stellt Roman Wyss fest, der für den Trägerverein den Facebook-Auftritt betreut. Gemäss Angaben der Organisatoren waren es am Samstag rund 3’200 velobegeisterte Teilnehmende am Klausen, am Sonntag rund 500 am Pragel. Bilder und Film auf velojournal.ch und freipass.ch sprechen für sich.
Eine Woche später ärgert mich die verzerrte Darstellung in den Medien immer noch. Weil sie nicht stimmt. Aber jenes Bild erneut zeichnet, das die öffentliche Wahrnehmung prägt, wenn es darum geht, einen Pass einen halben Tag lang für den motorisierten Verkehr zu sperren. Nämlich dieses: Velofahrer fahren bei Rot über die Kreuzung. Und jetzt vermiesen sie uns auch noch das Geschäft. Das wollen wir nicht.
Ich war nicht dabei. Soviel vorweg. Aber richtig stellen darf ich gleichwohl. Mit einem Augenzwinkern. Denn letzten Endes verpasst selbst das Geschäft, wer nicht wahrhaben will, was ein Leserbriefschreiber drei Tage später als Reaktion auf oben erwähnten Beitrag festhielt: «Velofahrer sind auch eine touristische Zielgruppe, die konsumiert.»«Velojournal»-Herausgeber Pete Mijnssen spielt darauf an, wenn er seinen Beitrag über den Klausen-Freipass mit dem Satz einleitet, Alpkäse habe es leider keinen an der Strasse zu kaufen gegeben. […] Alpkäse zu verkaufen»-Schilder habe es zwar einige an der Klausenstrasse gegeben, aber immer etwas versteckt. «Und so verpassten wohl viele Bergbauern ein gutes Geschäft und die Velofahrer ein Alp-Mitbringsel, von dem sie noch tagelang zehren könnten.»
«Die Beiz auf dem Gipfel erlebte sogar einen der besten Tage der letzten zwei Jahre, sagte mir die Wirtin.»
That’s it. Wobei es hier nicht um die Bergbauern geht, sondern darum, eine einmal etwas ruhigere (sic!) Kundschaft willkommen zu heissen. Beziehungsweise dies zu wollen. Viele schaffen das: Es seien praktisch nur zufrieden Gesichter zu sehen gewesen, stellt Pete Mijnssen fest «Buschauffeure berichteten vom korrekten Fahrstil der Gäste, auch seitens der Polizei wurden keinerlei Probleme gemeldet. Restaurants unterwegs und die Festwirtschaft auf der Passhöhe erzielten gute Umsätze, und zusätzliche Übernachtungen wurden sowohl auf der Urner wie Glarner Seite generiert.» Die Festwirtschaft entlang der Strasse sei voll und die noch immer etwas skeptischen Wirte seien mit dem Publikumsaufmarsch zufrieden gewesen. Die Beiz auf dem Gipfel habe sogar «einen der besten Tage der letzten zwei Jahre» erlebt, habe ihm die Wirtin gesagt, fügt Roman Wyss an.
«…andere Motive dahinter»
«Vielleicht weniger» zufrieden gewesen seien bloss diejenigen, welche es verpassten auf sich aufmerksam zu machen und keine Festbänke am Strassenrand aufklappten, stellt Mijnssen fest. Er bezeichnet die Diskussion um Umsatz vor diesem Hintergrund als kleinmütig; man solle ihr nicht allzu viel Beachtung schenken. Auch wenn Teilnehmer S.H. aus Oberwil in einem Online-Kommentar schreibt, er habe sich «massiv […] über einzelne Wirte am Pass» geärgert. Der Wirt der «Klausen Ranch» habe sich auf Tele 1 darüber beklagt, dass fast keine Radfahrer bei ihm einkehren. «Gleichzeitig bezeichnet er uns Radfahrer als Lenkstangengeiferer.» Und weiter: Die Wirtin des Gasthof Urnerboden erklärt den Wanderern am Nebentisch, dass es den Initianten von Freipass gar nicht um die Velofahrer gehe, da seien andere Motive dahinter.
Andere Motive? Aber klar doch. Um den Weltfrieden geht es uns, Bergkäse und die Vision, dass derenst ein Wettbewerb unter den Passkantonen darüber entbrennt, wer den nächsten Freipass ausrichten darf. Vorerst denken wir aber nur bis 2018, wenn am Klausen, wiederum die Velos einen halben Tag lang Vortritt haben sollen. Pete Mijnssens Hoffnung: «Vielleicht nutzen dann die Anwohner die Chance, auch mir ein Stück Bergkäse zu verkaufen.»
Beitragsbild: freipass.ch