In den meisten Velomärchen gerät Rotkäppchen unter die Räder. Und die Grossmutter macht mit dem Wolf gemeinsame Sache. Eine Geschichte aus dem Luzerner Feierabend-Stau.
[blue_box]Im September des vergangenen Jahres (2016) wurde im Luzerner Stadtparlament ein Vorstoss eingereicht, der verlangte, den Uferquai für Velos freizugeben. Dies löste eine heftige öffentliche Diskussion aus, die bis anfang April (2017) dauerte, als das Parlament den Vorstoss ablehnte. Der folgende Text besteht ausnahmslos aus Zitaten aus dieser Diskussion (Politik, Medienartikel, Leserbriefe). Sie wurden in zeitlicher Reihenfolge und unverändert übernommen. [/blue_box]- Der Stadtrat wird aufgefordert, auf dem Quai zwischen Luzernerhof und Verkehrshaus die Signalisation so zu ändern, dass ein nicht vortrittsberechtigtes Befahren mit Velos ermöglicht wird. Dabei soll der Weg zwischen See und erster Baumreihe […] von dieser Regelung ausgenommen werden und ausschliesslich den Fussgängern vorbehalten bleiben.
- Es kann nicht sein, dass hier E-Bikes durchrasen. Wichtig ist, dass die Fussgänger zuerst kommen. Wo es genügend Platz gibt, ist aber vorstellbar, dass auch Velofahrer verkehren können.
- Die Konflikte wären programmiert, sollten dort künftig Velos den Passanten um die Ohren flitzen. Unfälle und rücksichtloses Verhalten wären die Folge.
- Man könnte nicht mehr sicher und entspannt seines Weges gehen und die schöne Umgebung geniessen.
- Ohne Rücksicht auf Verluste fahren sie mitten in die Fussgänger, die dann natürlich zur Seite gehen, um nicht umgefahren zu werden.
- Es ärgert mich tagtäglich, wie die überwiegende Mehrheit der Radfahrenden sich rücksichtlos fortbewegt.
- Da frage ich mich, was sich die Initianten ausser gut ausgebauten Radwegen noch so alles wünschen.
- Das Postulat ist schlecht verpackter Unsinn.
- Die Postulanten glauben wohl immer noch ans Christkindli.
- Seit Jahrzehnten ist die Doppelnutzung von breiten Gehsteigen für Velos und Fussgängern in vielen deutschen Grossstädten akzeptiert, ja sogar Pflicht. Das wird auch in Luzern am Schweizerhofquai funktionieren.
- Eine Idee: […] Ein Steg für Velofahrer direkt über dem Wasser, dem Ufer vorgelagert. Sicher würden sich dann deutlich mehr Leute aufs Velo trauen. Die Fronten «Velofahrer gegen Autofahrer» zu verhärten, ist nicht zielführend – Luzern braucht unkonventionelle Lösungen.
- Der Fachverband Fussverkehr Region Luzern sammelt Unterschriften gegen die Aufhebung des Velofahrverbots am Quai in Luzern.
- Ein rücksichtsvolles Miteinander von Fussgängern und Velofahrenden am Quai ist möglich.
- Ich vertraue den zuständigen Stellen, dass sie in der Lage sind, auch am Quai eine allseits verträgliche Lösung zu finden. Platz ist vorhanden und mit kleinen baulichen Massnahmen lässt sich sicherstellen, dass sich der Quai nicht für Schnellfahrer («Veloraser»?) eignet. Von sicher ausgebauten Radverbindungen profitieren durch die Verlagerung vom motorisierten auf den Veloverkehr letztlich alle.
- Dass sich die Verkehrsteilnehmer in einem saublöden Gerangel befinden, ist schon lange so.
- Wenn die Velolobby schon mit ihren unsinnigen Vorschlägen kommt, dürften die Fussgänger und Busbenützer auch mal etwas forscher auftreten.
- Es müssen Personen vom Velo als Fortbewegungsmittel überzeugt werden, welche heute noch auf das Automobil setzen. Dazu genügen die zahlreichen kleinen Verbesserungen zu Gunsten der Velofahrenden nicht.
- Würde nun der Quai für Velofahrende geöffnet, so wäre dies eine enorm kostengünstige Möglichkeit, eine weitere Einfallsachse für Velofahrende in die Innenstadt […] massiv aufzuwerten.
- Ein Miteinander von Velo und Fussverkehr wäre im Durchschnitt an mindestens 23 von 24 Stunden pro Tag problemlos möglich. Und auch in der letzten Stunde gelänge es mit genügend Rücksicht. Leider waren die Reaktionen nach der Veröffentlichung des Vorstosses teilweise sehr heftig und ablehnend.
- Der Verband Fussverkehr Schweiz hat am Mittwoch der Stadt eine Petition mit 2352 Unterschriften eingereicht. Das Fahrverbot am Quai solle erhalten bleiben.
- Freisinnige, rafft euch auf und arbeitet mit einem zukunftsweisenden Projekt am Quai für alle, statt Vorurteile zu mobilisieren, die auch ökologisch unsinnig sind, sicher aber alles andere als freisinnig/liberal.
- Für die SVP ist es nicht nachvollziehbar, welch niedrigen Stellenwert der Fussgänger bei Linken und Grünen heute noch hat.
- Die Geschichte zeigt einmal mehr: Zwischen Auto und Velo tut sich in der Schweiz ein tiefer (Strassen-)Graben auf.
- Durch die Zulassung des Radverkehrs würde die Attraktivität des Quais eingeschränkt. […] Ingesamt sind in den Augen des Stadtrats die Sicherheitsgewinne für Velofahrende nicht markant genug, um die möglichen Nachteile für Fussgängerinnen und Fussgänger in Kauf zu nehmen. […] Deshalb lehnt der Stadtrat eine Öffnung des Quais für Velofahrende zum heutigen Zeitpunkt ab.
- Lösen kann man dieses Problem nur mit einem Kompromiss.
- Man gibt uns das Gefühl, es herrsche reines Rowdytum auf unseren Strassen und Trottoirs. Ein Miteinander von Fussgängern und Velos ist auch andernorts kein Problem.
- Natürlich verhält sich die grosse Mehrheit der Autofahrer rücksichtsvoll. Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack. Bin ich als Velofahrer weniger wert?
- Am 6. April hat der Grosse Stadtrat erfreuliche Entscheide für die Zu Fuss gehenden getroffen.
- Ich bin froh, dass das Velofahren am Quai verboten ist und hoffentlich auch bleibt, denn die Velofahrerinnen und –fahrer nehmen überhaupt keine Rücksicht.
Nachbemerkung: Rotkäppchen ist noch nicht platt.