«Zu viele Autos» oder: Werden wir künstlich intelligenter?

«Lugano wird zum lebenden Labor. Die Stadt will ihr Verkehrschaos mit künstlicher Intelligenz (KI) beheben»: So berichtete die NZZ am Sonntag letzten Sonntag. Wenn das nicht ein Versprechen ist! Computer denken an unserer Stelle, derweil wir weiterhin jederzeit und überall uns hinters Steuer setzen dürfen, aber fürderhin nie mehr im Stau stecken. Gold’ne Zukunft! Stadtpräsident Marco Borradori spricht von «nutzenstiftenden Anwendungen der KI» und will, Zitat, «als Erstes […] das Problem lösen, das den Luganesi besonders unter den Nägeln brennt: den Dauerstau».

Wie das behufs künstlicher Intelligenz bewerkstelligt werden soll, davon steht im Folgenden freilich keine Zeile. Von Verkehrssteuerung ist lediglich die Rede, von der «beispielslosen Dichte an Kameras», die es in Lugano bereits gebe, und von «KI-basierten Technologien», die Optimierungen ermöglichen würden, die «jenseits der Grenzen der heutigen Anwendungen» lägen. Jedenfalls gehe die Stadt, Zitat, «von raschen Resultaten» aus.

Nun, damit ist zweifellos zu rechnen, wenn die künstliche Intelligenz solcherart eingesetzt wird, dass sie im Anwendungsfall der menschlichen vorangestellt wird. Will heissen: Das Auto blockiert, wenn dessen Besitzerin oder Besitzer sich anschickt, aus blosser Bequemlichkeit den Zündschlüssel zu drehen. Denn flüssiger kann der Verkehr nur fliessen, wenn er weniger wird. Wird er dies nicht, verteilt sich die Menge zeitlich bloss – eine Scheinlösung.

«Es muss gar nicht wehtun»

Stimmt uns dieser NZZ-Beitrag also hoffnungsfroh? Mitnichten. Am Montag danach bringt im Deutschlandfunk der Mobiliätsforscher Andreas Knie vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung auf den Punkt, was Sache ist: «Wir haben viel zu viele Autos.» Knie hat weder etwas gegen Autos noch will er sie aus den Städten ganz verbannen. Er plädiert hingegen für den Verzicht auf eigene Autos und dafür, die gemeinsamen intelligent zu nutzen,  «mit anderen Verkehrmitteln wirklich digital zu vernetzen». Dies diene allen Verkehrsteilnehmenden: «Dann ist vor allen Dingen für den Autofahrenden und auch für alle anderen – wir haben ja nicht nur Autofahrer, sondern wir haben auch Fussgänger und Fahrradfahrer – viel mehr Platz da und wir haben alle was davon. Es muss gar nicht den Leuten wehtun; wir müssen nur im Kopf überlegen, was wir fördern wollen.»

Darum gehts dann wohl. Vielleicht auch dereinst in Lugano.

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