Dienstag, später Morgen, im «Combe à la Biche» am Fuss des Mont Soleil sitzen er und sie sich gegenüber am grossen Tisch im Garten. Zwei weitere Paare setzen sich hinzu, bestellen und die sechs, alle mit Motörli-Velos en route, fangen an zu plaudern, über Corona und so. Sie kämen aus dem Aargau, aus Leuggern, sagen die, die zuerst da waren, das kenne man jetzt doch, von dort komme diese Frau, die 180 Millionen im Lotto gewonnen habe, wobei er, der Mann spricht nun, finde, die hätten gescheiter 180 mal eine Million verteilt, worauf die vier, die sich hinzugesetzt haben, nicken. Die vier Hinzugestossenen geben sich als Berner zu erkennen, der eine nimmt den Corona-Faden wieder auf und findet, es sei «ämu scho schön», was man auch in der Schweiz alles so erleben könne. «Huere guet!», pflichtet ihm sein Kollege bei.
Bergan holen mich die Motörler wenig später ein; man hört auf zwanzig Meter, wie sie herannahen, denn die Motörli summen während der Arbeit, derweil mein Riemen lautlos läuft. Wie ich mich auf au sommet ein wenig umschaue, kurven die Motörler schon wieder talwärts.«Huere guet!»
Auf der Veloland-Route Nr. 7, die von Basel nach Nyon am Genfersee führt, tummelt sich mittlerweile, so scheint es, mehr Motörli-Volk als mit eigener Kraft pedalierendes wie unsereins. Sei’s drum, ob so oder anders, im Jura herrscht kein Gedränge, die Strassen und (vor allem) Strässchen führen durch unbekannte Dörfer und weites Land. Eins ums andere Mal ists einem ums Staunen. Bloss, was das mit dem Motörli verständlich macht: Es geht rauf. Und runter. In einem fort. 5400 Meter auf den 280 Kilometern* obsi, 5200 nidsi. Am ersten Tag findet man das, ohne Motörli, eher streng. Was mich betrifft: Am zweiten Tag treffe ich im Anstieg von St.Ursanne nach Le Mont zwei Kerle als Köln, die mit ihren – Zitat – Mädels aus Mainz Richtung Provence unterwegs sind. Wir holen im Schatten gemeinsam Atem, spornen uns gegenseitig an und freuen uns miteinander des Sommers. «Einfach geil!», meint der eine Kerl. Und meine auch ich.
Das passt alles. In der Brasserie «Des deux clefs» in Porrentruy hatte ich am Abend zuvor ein Bier bestellt. «Ça marche!», meint die Bedienung, und stellt mir das kühle Blonde umgehend auf den Tisch. Et puis: Cordon bleu avec Frites? «Oui, ça marche!» Noch ein Bier? «Ça marche!»
Einfach so und selbstverständlich und alles funktioniert. Sechs Tage druch den Jura, von Basel nach Genf, die einen die Wunder von Leben und Alltag neu er-fahren lassen.
Eintauchen. Die Augen offen halten. Hinhören. Dankbar sein.
Einfach geil!
*Längenangabe für die offizielle Strecke von Basel nach Nyon
Etappen und Übernachtungen:
- Sonntag, 12. Juli 2020: Basel–Pruntrut: 75 km, Schlafen im Stroh auf der Ferme du Bonheur
- Montag, 13. Juli, Pruntrut–Saignelégier mit Schwenker über Bure, Fahy, Réclère, Vaufrey F: 80 km, Übernachtung im Massenlager im Sportzentrum/Hotel Cristal
- Dienstag, 14. Juli, Saignelégier–La-Chaux-de-Fonds–Travers: 70 km, Übernachtung in Gästezimmer auf dem Bauernhof von Familie Menoud (ca. 400 m über dem Dorf)
- Mittwoch, 15. Juli, Travers–St. Croix: 45 km, Übernachtung im Maison d’hôte Grangette Bellevue von Claudine Dubois und Jean-Claude Pache
- Donnerstag, 16. Juli, St.Croix–Le Lieu am Lac de Joux: 45 km, Schlafen im Stroh auf der Alp L’impasse du loup von Evelyne Meyland und Hans Bernhard (ca. 200 m über dem Dorf)
- Freitag, 17. Juli, Le Lieu-Genf: 75 km
1 Kommentar
Toller Bericht und schöne Bilder danke und eine gute Zeit
Gruss Tom