Fürs Velo reservieren? Fürs Auto dann bitte auch

Die SBB wollen die Reservationspflicht für Velofahrende verschärfen. Weshalb hat der Bund eine solche Pflicht nicht schon lange für Autos auf bestimmten Autobahnabschnitten eingeführt?

Wer das Velo im Zug mitnehmen will, muss dafür ab dem 21. März 2021 in allen Intercity-Zügen einen Platz reservieren. Diese Pflicht gilt bis Ende Oktober. Heute kostet die Velomitnahme nur in den Intercity-Zügen, die auf der Jurasüdfuss-Strecke und durch den Gotthard-Basistunnel fahren – ebenfalls vom 21. März bis zum 31. Oktober. Fünf Franken extra zum Velobillett oder Velo-Abonnement hinzu.

Das ruft Widerstand hervor. Die Reservationspflicht sei eine Lösung für die Platzprobleme, die definitiv aus der Technokraten-Abteilung zu kommen scheine, kommentiert etwa «velojournal»-Herausgeber Pete Mijnssen: «Hat man ein Problem, verlange man einfach mehr Geld!»

Nun, wir haken hier mal ein und betrachten die Sachlage auf vier Rädern. Da ist’s bekanntermassen nicht nur saisonal eng und auf ein paar wenigen Linien, sondern immer und überall. 2019 wurden auf den schweizerischen Nationalstrassen 30’230 Staustunden registriert. Das sind 10 Prozent mehr als 2018. Seit 2010 hat sich die Anzahl der erfassten Staustunden auf den Nationalstrassen gemäss Bundesangaben beinahe verdoppelt, wobei in erster Linie die Staus wegen Verkehrsüberlastungen zugenommen haben.

Stau gibt’s also reichlich, Strassenraum hingegen zu wenig. Das machen wir jetzt zu Geld. Schicken Angebot und Nachfrage auf das Spielfeld der freien Marktwirtschaft.

Als Velofahrer fordere ich ausgleichende Gerechtigkeit: Eine Reservationspflicht zumindest auf den Autobahn-Hauptverbindungen A1 und A2. Pro Stunde könnten, je nach Abschnitt und Tageszeit, eine gewisse Anzahl Autos oder Lastwagen diese Strecke befahren, wobei diese Zahl von der Länge des Fahrzeugs abhingen und der Tarif von der Motorisierung. Sprich: Elektro- und Hybridfahrzeuge würden von einer günstigeren Gebühr profitieren. Mit einer dergestalten Monetarisierung des Mangels an Strassenraum würden lärmleidende Anwohner und sonstige Verkehrsopfer entschädigt, autoverseuchte Städte und Dörfer entstopft und würde dem auto-abhängigen Gewerbe ein bedingungsloses Grundeinkommen finanziert.

Ich mach’ den Vorschlag mal. Und höre schon die Motoren aufheulen. Im Standgas.

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