Corona-do. oder: die Theorie der Verschwörungspraxis

Ich fahre Velo. Nach wie vor, derzeit einfach mehr mündlich als schriftlich. Weshalb an dieser Stelle seit einem halben Jahr nichts Neues mehr zu lesen war. Sechs Monate, während derer ich freilich meine eigene Verschwörungspraxis verfeinert habe. Heute folgt die Theorie dazu.

Sie wird die Praxis erklären und deren Anwendung wiederum die Theorie bestätigen. Der Zusammenhang ist doch offensichtlich: Corona ist dieses freischwebende Dings da und do. mein Kürzel, wenn ich als Journalist zeichne. Gibt in Verbindung eine Velomarke: Coronado. Wer sich dagegen verschwört, ist eingeladen, seine eigenen Er-Fahrungen zu machen. Mich erhalten selbige jedenfalls gesund.

Im April und im Mai, im Juni, Juli, August und September sowie ab morgen nach den Oktoberferien wieder sattelte und sattle ich des Morgens und Feierabends mein Rad und erfreue mich zweimal täglich eine knappe Stunde meines Daseins als Velopendler. «Sich wohl zu fühlen lautet die Antwort auf alle Lebensfragen», hat mich diese Woche (Ferienlektüre) die Eule Salomon im Buch «Sara und das Geheimnis des Glücks» von Esther und Jerry Hicks gelehrt. Was im Juli und August trotz der Einschränkungen dieses Virus‘ wegen in Dänemark und Deutschland möglich war. Ohne selbiges wären wir zum Beispiel nicht auf die Idee gekommen, in der Garage eines verlassenen Bauernhofs zu nächtigen. Wer nicht zertifiziert gesund ist, lebt mitunter abenteuerlich und kann davon erzählen. Was wiederum dazu beiträgt, gesund zu bleiben.

Vor dem Regen geschützt, Bretter als Schlafunterlage, Kleiderständer inbegriffen: Unsere Unterkunft für eine Nacht diesen Sommer auf Tour in Schleswig-Holstein, Norddeutschland. | © 2021 Dominik Thali

Schenken und sich beschenken lassen

Velogeschichten von unterwegs. Eine solche hat diesen Sommer auch Freund Fladi erlebt, der mit seiner Frau Silvia (Namen nicht geändert) im Bündnerland unterwegs war und für eine Nacht in über’s Velodach eine Bleibe fand. Die zwei fühlten sich bei ihrer Gastgeberin, dort unerwartet auch verköstigt, überaus wohl aufgehoben. Als sie allerdings gewahr wurden, dass dieses Velodach ein Bed-and-Breakfast war, in welchem das Fussvolk nicht kostenlos nächtigen kann, beschlich sie allerdings das schlechte Gewissen. Die Gastgeberin nahm nach einigem Zureden schliesslich eine kleine Note an. Eine grössere legten die zwei am anderen Morgen heimlich auf’s Nachttischchen und machten sich auf die Weiterfahrt. Worauf es nicht lange ging, bis die Gastgeberin sich per SMS meldete und meinte, eine Sache hätten sie, Fladi und Silvia also, noch zu lernen in ihrem Leben: Etwas anzunehmen.

Nun, sich beschenken zu lassen ist mitunter ebenso schwer wie ein passendes Geschenk zu finden. Die Velodach-Frau kündigte allerdings nicht etwa an, die Note zu retournieren, sondern befleissigte sich des eigenen Rats und teilte kurze Zeit später in einer zweiten Nachricht mit, sie gönne sich mit dem unerwarteten Zustupf eine Portion Kultur extra. Mit anderen Worten: Freude zu schenken mehrt die eigene Freude.

Mein neues Velo ist 20 Jahre alt

Derlei Begegnungen beschert einem das Unterwegs-sein fortwährend, ob mit dem Velo oder sonstwie. Pedaliere ich fröhlich in den Tag, lächelt’s mir entgegen. Was sich gleicht, zieht sich an. Das Gesetz der Anziehung. Auf dieses ist freilich auch umgekehrt Verlass. Meine diesbezüglichen Er-Fahrungen sind einschlägig.

Mein «neues» Velo, aufgenommen an der Aare bei Leuzigen in der Nähe von Solothurn. | © 2021 Dominik Thali

Velogeschichten aus dem Alltag. Diese Woche habe ich ein neues Velo gekauft. Es ist 20 Jahre alt und hat 27 Gänge. Und ich weiss jetzt, wo Leuzigen liegt. Das ist dort, wo Heinz lebt, der mir das Merida verkauft hat. Für 80 Franken. Den Fünfminuten-Schwatz an der Bushaltestelle gabs für beide kostenlos obendrein. Die kommenden Stunden im Velokeller, während derer ich zerlegen, pützeln, schräubeln und wiederherstellen werde, sind unbezahlbar.

Werkstatt-Arbeit macht glücklich

Velogeschichten aus der Werkstatt. Dazu passen zwei Bücher, die mir Verlage jüngst zugestellt haben und dazu einladen, eigene Er-Fahrungen zu machen. «Bau dein eigenes Fahrrad» heisst der Band von Christian Rindorf, in dem er mit vielen Bildern dazu anleitet, ein Velo neu zu bauen, zu restaurieren oder zu reparieren. Die wichtigstens Sätze daraus für mich: «Alles, was ich darüber weiss, habe ich durch Ausprobieren gelernt.» Und: «Ich finde, dass man durch körperliche Arbeit generell klüger wird und glücklicher wird. Physische Arbeit hat etwas Meditatives, das unglaublich entspannend wirken kann.»

Wer es genauer wissen will, liest (!) «Ein Rad für alles. Die Allroad-Bike-Revolution» von Jan Heine. Anschaulich und praxisnah zeigt Heine, wie ein Velo funktioniert und worauf bei der Auswahl von Rahmen und Komponenten zu achten ist.

Die beiden Bücher kosten zusammen etwa 50 Franken. Wer Tochter und Sohn, Göttimeitschi oder Nachbarsbub verschwörungstheoretisch im obigen Sinn anstecken will, merkt sie sich für untern Christbaum vor. Für den Praxisteil wendet er an sich so nette Verkäufer wie Heinz. Leuzigen ist überall.

  • Christian Rindorf: «Bau dein eigenes Fahrrad – das Werkstattbuch»; Haupt Verlag, 2021, 120 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-258-60240-0, ca. Fr. 34. –
  • Jan Heine: «Ein Rad für alle – die Allroad-Bike-Revolution»; Covadonga Verlag, 2021, Hardcover; 256 Seiten, ISBN 978-3-95726-055-0, ca. Fr. 25.–
Zwei neue Velobücher – die Theorie zur Praxis, die sich nur in der Werkstatt erproben lässt. | © 2021 Dominik Thali
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