Was wir uns auf Velotour von einem Campingplatz wünschen

Zeltplätze sind Bühnen des Lebens. Hier wird nichts gespielt, dafür alles gegeben. Wer mit dem Velo anreist, kriegt manchmal einen Logenplatz. Oft aber auch nicht.

Wir ferienreisen am liebsten auf zwei Rädern und nächtigen dann auf’m Camping. Mit dem Wildzelten haben wir es nicht so. Ein ebenes Stück Erde, Klo und Dusche, Steckdose – darf gerne sein und macht das Dasein nach mehr oder weniger Tageskilometern bequemer. Seit wir, meine Lebens- und Velogefährtin also, gemeinsam unterwegs sind, haben wir um die 190 Zeltplätze erlebt und erschlafen. Was in 38 Jahren halt so zusammenkommt. Zeit deshalb, Bilanz zu ziehen. Was bietet man uns Zweirädlern auf den Campings und was vermissen wir? Wer mag uns und wer lässt durchblicken, dass wir keine umsatzstarken Gäste sind?

Kategorie «Zeltwiese und sogar Fernsicht»: Hier in Criel-sur-Mer in der Normandie trafen im Verlauf des Abens, was Wunder, noch viele weitere Velofahrende ein. Unser Zelt ist das vorderste in der Mitte. | © 2023 Dominik Thali
Kategorie «Ohne Autos macht’s noch mehr Freude»: Auf dem Camping Polesden Lacey Polesden Lacey in den North Downs nahe Dorking, Surrey, England. | © 2023 Dominik Thali

Vergangenen Juni und Juli pedalten wir durch vier Länder: die Niederlande, Belgien, Frankreich und England. Vorab: 100 Punkte gab’s für keinen der angesteuerten Campings. 90 und mehr das eine und andere Mal aber schon. Unserem Kennerblick – huhu! – entgeht inzwischen kein Mangel mehr, mit Kennermiene teilen wir ein. Und manchmal auch aus. Wenn zum Beispiel für den halben Zeltplatz eine dunkle Blechdusche reichen muss.

Kategorie «Zur frohen Aussicht» 2: Dieser kleine Zeltplatz in Folkestone an der englischen Kanalküste heisst «Little Switzerland». | © 2023 Dominik Thali
Kategorie «Haltet mir die Nachbarn fern!»: Camping bei Calais, Frankreich. | © 2023 Dominik Thali
Kategorie «Kartoffelacker, aber gemütlich»: Der Camping in Pont-l’Évêque. | © 2023 Dominik Thali

Was uns gefällt:

  • Wenn man nicht reservieren muss, sondern sich für ein bisschen Velo und Zelt allemal und überall noch ein Plätzchen findet.
  • Wenn man, wenn’s schon nicht ohne Reservation geht (leiderleider zunehmend), am Telefon hört: «A vélo? Ce n’est jamais un problème!» und nicht kurzangebunden: «Désolé. Nous sommes complets».
  • Eine Zeltwiese, früher (wir sind im Grosseltern-Alter) die Regel, ist inzwischen das höchste aller Gefühle. Zugewiesen mit der Bemerkung: «Stellt euer Zelt auf, wo ihr wollt.» Wer zuerst ankommt, schnappt sich den Schattenplatz unter’m grossen Baum. Weil: Velos haben keine ausfahrbare Sonnenstore.
  • Sind die Plätze aber nummeriert: Gerne ohne mannshohe Hecke drum herum. Es gibt schon genug Grenzen auf dieser Welt. Thuja ist nicht gesprächsfördernd. A propos Gespräch: Ist’s trocken und lacht gar die Sonne vom Himmel, befragt und bewundert man uns Velotourenfahrende gerne – oho! – und werweisst man gar: Könnten wir eigentlich auch mal, oder? Regnet’s dann jedoch bei der Abfahrt und ziehen wir die Regenhosen straff, wird Bedauern geäussert: Ach je! Aber trotzdem gute Fahrt!
  • Zurück zum Thema: Ein liegengelassener Stein, faustgross, hilft uns, die Heringe in den mitunter harten Boden zu schlagen. Wir führen nicht auch noch einen Zelthammer mit. Vielleicht leiht uns aber der freundliche Nachbar einen aus. Falls wir ihn hinter der Hecke erspähen.
  • Eine alte Gartenplatte oder sonst was flaches dient dazu, den Kocher aufzustellen. So verbrennt die Flamme den Rasen nicht.
  • Auch wenn es derlei inzwischen für wenige 100 Gramm gibt: Wir führen keine Hocker mit. Umso glücklicher sind wir, wenn eine Tisch-Bank-Garnitur rumsteht, an die wir uns setzen können. Sowas ist zudem gemeinschaftsfördernd.
Kategorie «Kartoffelacker, aber gemütlich»: Der Camping in Pont-L’Evèque. | © 2023 Dominik Thali
Kategorie «Schön und praktisch»: Camping im belgischen Sluis. | © 2023 Dominik Thali
  • In nördlicheren Gefilden bieten Campingplätze oft Gemeinschaftsküchen und/oder Aufenthaltsräume an. Für sowas gibt’s Bonuspunkte. In der Normandie erhielten solche zwei Plätze: einer mit einem Shelter à la Dänemark, einer auf einem Bauernhof mit offener Scheune.
  • Ein Campingplatz sollte – eigentlich – keine Wohnmobilausstellung oder zumindest kein Autosalon sein. Was leider kaum je der Fall ist. Auf der diesjährigen Tour war es zweimal anders, jeweils in England. Die automobile Zu- und Wegfahrt war dort nur während des Aufstellens und Abräumens erlaubt. Ansonsten: Kinder, tretet die Bälle! Freiheit und Ruhe kosteten auf diesen Plätzen übrigens nicht extra.
  • Ganz ohne elektrischen Strom kommen inzwischen auch wir auf dem Velo nicht aus. Der Dynamo reicht nicht aus, um das Smartphone zu laden, über das wir uns navigieren lassen. Das heisst: Wir brauchen (auch) elektrische Energie. Diebstahlsichere Lademöglichkeiten bietet allerdings kaum ein Camping an, und die Steckdose für den Rasierapparat in der Männertoilette sind eine schlechte Option. Auf Gotland haben wir mal Mini-Schliessfächer mit Steckdose drin gesehen. Sie liessen sich per Zahlencode schliessen und waren kostenlos. Dafür hätten wir freilich sogar ein paar Kronen bezahlt.
Kategorie «Zur frohen Aussicht»: die Lage auf der kleinen Terrasse auf dem Camping in Fécamp entschädigte dafür, dass die Velos auf den Platz gebuckelt werden mussten und der Weg zur Toilettenanlage weit war. | © 2023 Dominik Thali
Mit Kochkabäuschen, praktisch und gemütlich: auf dem Camping in Amberley in Sussex, England. «Wir haben eben früher ebenfalls gecampt», meinten die Besitzer dazu. | © 2023 Dominik Thali

Geschlafen haben wir übrigens auf allen Plätzen gut. Dass meiner extraleichten und -kleinen Matte bei Halbzeit die Luft ausging, war kein Fremdverschulden (und ist hoffentlich ein Garantiefall). Was in guter Erinnerung bleibt, ist ferne keine Preisfrage. Uns war’s auf dem Bauernhof mit eigenem Cider – 20 Euro die Nacht für zwei Personen – jedenfalls wohler als auf dem grossen mit Schwimmbad, wo uns 38 Euro verrechnet wurden, es aber weder Steckdose noch Wasserhahn in der Nähe gab.

Und wie und wo übernachtest du auf Tour? Welche Erfahrungen machst du auf Campingplätzen? Schreib’ von deinen Erfahrungen im Kommentarfeld!

Kategorie «Gewöhnlich»: in Breskens im Süden der Niederlande. | © 2023 Dominik Thali
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3 Kommentare

Sehr schöne Zusammenfassung. Wir kommen gerade heute von unserer Hamburg – Rapperswil Tour nach hause und müssen über den einen oder anderen Satz schmunzeln, weil es uns bekannt vorkommt…
Unbedingt zu empfehlen ist der Campingplatz in Jena: „Ihr kommt ohne Auto? Dann kostet das pro Person einen Euro weniger.“ Schön! Und für Zelte gabs dann auch das schönste Eck des Platzes. Nochmals schön. Oder vor allem mit Kindern, der Tipi-Hof in Sauldorf. Sehr schön gelegen, alle sind lieb und freundlich und auf Anfrage gibts ein super Frühstück.
Aber: 100 Punkte oder nicht, etwas zu erzählen gibts nach jeder Campingplatzübernachtung…

Generell ist es wohl so: Je mehr Sterne und je teurer, desto schlechter für Radfahrer. An der Loire wars überall super, Normandie dann weniger. Dänemark und Schweden ist super, da hat man meist auch was zum sitzen, wenn es regnet. Und bei 1nitetent und Warmshowers passts meistens alles.

Sehr schön geschrieben. Nach 15 Jahren radeln mit Kindern im Schlepptau kann so vieles nachvollziehen.
Die negativen Erfahrungen lass ich jetztal weg, aber die besten mag ich gern nennen: Junkers Paddelgemeinschaft, die Zeltwiese vom Kanuverein in Dessau am Elberadweg. Nette Leute und man kann das Bootshaus mit nutzen. Ebenso freundlich der Kanuverein in Elster (an der Elbe).
Dieses Jahr ging es nach Litauen. Die absoluten Empfehlungen: Vigio Brasto (Brasta?) nähe Elektriniai. Das Zelt steht direkt am See, die Besitzer sind herzlich, für Kinder gibt es eine große Kiste mit Sandspielzeug und die Waschmaschine wurde mir gleich angeboten (ne, ich glaube, gestunken habe ich nicht). Ebenso toll mit Blick auf die Memel/Nemunas und einer toll ausgestatten Küche inkl. frischen Gewürzen, Tee und Gemüse aus dem Garten der Besitzer ist Camp Genys in Jurbarkas.

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