Astra will über Staus das Velo fördern – Bürgerliche ziehen mit

Der Bundesrat setzt das Veloweggesetz, das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist, entschieden um. Er will künftig Staus auf Autobahnen nutzen, um das Velo auf kurzen Strecken als sinnvollstes Verkehrsmittel zu fördern hat. Mit bürgerlicher Unterstützung: SVP und FDP unterstützen die Absicht.

Der «Tages-Anzeiger» hat diese Woche den ersten Schritt des Aktionsplans des Bundes vorzeitig publik gemacht: Ab 2026 soll die Geschwindigkeit auf Schweizer Nationalstrassen zu gewissen Zeiten drastisch gedrosselt werden – auf 80 Kilometer pro Stunde. Das Bundesamt für Strassen (Astra) erklärte gegenüber velofahrer.ch, schärfere Bestimmungen seien «nur noch eine Frage der Zeit». Stiegen die Autobahn-Staustunden gleichwohl – was bei Strassenausbauten für gewöhnlich der Fall sei –, werde das Tempo erst auf 60 und dann sogar bis zu 40 Stundenkilometer gesenkt, sagte eine Astra-Sprecherin. Man müsse manche Autofahrende offensichtlich zwingen, ihr Mobilitätsverhalten zu überdenken. Auf kurzen Strecken sei das Velo – das E-Bike erst recht – meist das sinnvollere Verkehrsmittel als das Auto.

Pannenstreifen für schnelle E-Bikes öffnen

Ab 2026 gilt laut Astra deshalb nicht nur die 80-60-40-Kilometer-Regel. Sondern zusätzlich: Stockt der motorisierte Verkehr vollends, wird der Pannenstreifen für E-Bikes bis 45 km/h freigeben, die dann schneller vorwärtskommen als Autos-, Liefer- und Lastwagen. Weiter würden Autobahn-Ausfahrten in den Agglomerationen zu den Stosszeiten für den «unnötigen Privatverkehr» gesperrt, wie es beim Astra heisst. «Wer einmal im Stau steckt, soll nicht so leicht wieder daraus kommen», begründete die Sprecherin diese Massnahme gegenüber velofahrer.ch. Das solle «einen Lerneffekt bewirken».

Als «unnötigen Privatverkehr» bezeichnete die Sprecherin Fahrten von Personen, die für Wege von zwölf oder weniger Kilometer – egal ob für die Arbeit oder in der Freizeit – das Auto nähmen und zugleich an gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossenen Orten wohnten. Von der Ausfahrten-Sperre ausgenommen würden behinderte Menschen sowie der gewerbliche Verkehr. Letzteres sei für die Wirtschaft «essenziell». Das Astra will mit dieser Bevorzugung deren Verbände auf seine Seite ziehen, allen voran Gewerbeverband und Economie Suisse.

Wie aber soll das Kilometer-Kriterium kontrolliert werden? Dies sei «technisch heute kein Probleme mehr», erklärt das Astra weiter. Die Fahrdistanz werde wie bei der elektronischen Autobahnvignette, die 2024 eingeführt wird, mittels Stichproben kontrolliert. In einem nächsten Schritt sei Kameraüberwachung denkbar. Entsprechende Systeme bewährten sich in Ländern mit Autobahn-Maut bereits.

SVP erinnert an Eigenverantwortung

Die beiden grossen bürgerlichen Parteien SVP und FDP begrüssen die Pläne des Astra. Die Volkspartei setzt sich in ihrem Parteiprogramm 2023 bis 2027 für «eine lebenswerte Umwelt für heute und morgen» ein. Die Temposenkung auf Autobahnen entspricht der Parteiforderung nach Eigenveranwortung. Eine intakte Umwelt bringe Lebensqualität und Wohlbefinden, schreibt die SVP. Und weiter: «Daher ist es im ureigensten Interesse eines jeden, der Umwelt und damit auch unserem Umfeld Sorge zu tragen. Dies gelingt am besten, indem man eigenverantwortlich handelt und die Erkenntnisse von Wissenschaft und Forschung praxisnah umsetzt.» Das Astra-Programm «Mit dem Velo aus dem Stau» zu unterstützen, sei vor diesem Hintergrund nur folgerichtig, erklärte ein SVP-Sprecher die Haltung seiner Partei.

An die Generationen nach uns denken: Wahlwerbung der FDP Kanton Luzern.

Die Freisinnigen haken hier ein und mahnen an, den Lebensraum für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. «Ich wähle FDP, weil ich nicht auf Kosten unserer Kinder leben will», heisst es beispielsweise in einem Wahlinserat der Partei.

P.S. 1: Dem Autobahn-Ausbauwahn des Bundesparlaments vermag der Velofahrer nur mit Ironie zu begegnen. Er überzeichnet und überspitzt gerne ein bisschen.

P.S. 2: Das Referendum gegen den «Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen» darf selbstredend trotz der erfreulichen Astra-Ankündigung unterschrieben werden.

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