In der Schweiz gibt es rund 550’000 Milchkühe mit vier Beinen (*) und 114’326 mit zweien. Die Milchkühe mit vier Beinen geben jedes Jahr fast 3.5 Millionen Tonnen Milch, das macht pro Kuh etwa 6400 Kilo Milch. Brave Tiere. Die Milchkühe mit zwei Beinen aber, das sind (vorläufig) jene, welche die Milchkuh-Initiative (Nachtrag 2017: Website gelöscht) unterschrieben haben, wollen künftig alle ihre Milch selber trinken. Ob sie das dürfen, entscheiden wir Stimmenden am 5. Juni an der Urne.
Die Milchkuh-Intiative ist natürlich eine Beleidigung für jedes anständige Rindvieh. Nämlich ist die Milchkuh von ihrer Natur her ein friedfertiges Wesen, das sein Zuviel gerne mit Ihres- und Anderesgleichen teilt und nicht ungeduldig muht, wenn es sich im Stau vor dem Melkstand gedulden muss. Sie furzt zwar das Klima warm, aber das tut sie glockend, nicht motorend. Und sie frisst keine Erdölderivate.
Die Milchkühe auf zwei Beinen beleidigen ihre vierbeinigen Kolleginnen nun insofern, dass sie sich ganz kurzsichtig und egoistisch gebärden. Denn sie wollen den Erlös aus ihrer Milch nur noch für den Bau und Unterhalt ihrer eigenen Trampelpfade verwenden. Die Zweibein-Milchkühe muhen, der Trampelpfad bilde «einen wichtigen Faktor für Wohlstand, Wachstum und Produktivität». So argumentieren sie mit Blick auf den 5. Juni. (**) «Nur mit einem leistungsfähigen, zuverlässigen Trampelpfadnetz können Menschen, Waren, Energie oder Informationen rasch, günstig und über grössere Distanzen punktgenau transportiert werden. Der Trampelpfad ist unbestritten der wichtigste Verkehrsträger.»
Solche Milchkühe sind unschweizerisch. Sie dulden nicht einmal weisse Schafe auf ihrer Weide. Und sie sind dumm. Ist das Schimpfwort «Dumme Kuh» für Vierbein-Milchkühe unangebracht, so trifft es anderseits für die zweibeinigen zweifellos zu. Denn indem letztere mit ihrer Milch nur noch die eigenen Trampelpfade und davon immer mehr finanzieren wollen, sorgen sie mit ihrer Breitbeinigkeit für immer grösseres Geschubse und Gemuhe darauf. Und für Streit auf dem Bauernhof: Denn die Pferde, die heute dank regelmässiger Milchpulverzufuhr ihre Kutschzüge schnell und zuverlässig über alle Berge ziehen und damit die Trampelpfade entlasten, werden weiterhin ihren Anteil fordern. Ihre Kutschgäste, die sich eine Zweibein-Milchkuh weder leisten können noch wollen, werden nicht bereit sein, Jahr für Jahr höhere Pferdetaxen entrichten und dabei zusehen zu müssen, wie die Milchkühe die grünen Weiden breittreten, sich lärmend durch den Alltag muhen und die gemeinsame Luft verfurzen. Sie kommen sich unterwegs mitunter wie Ölsardinen vor.
Die Zweibein-Milchkühe isolieren
Dies ist den Zweibein-Kühen freilich furzegal. Lieber trampen sie sich auf den Klauen herum, als ihr Milchpulver auch in Pfade zu investieren, auf denen ihre Mitbewohner auf dem Hof, die flinken Ziegen und gemütlichen Schafe, die zugkräftigen Pferde und flatternden Hühner, schneller vorwärts kommen. Und damit Platz schaffen auf den Zweibein-Milchkuh-Pfaden. Denn die Schafe und Ziegen, die Pferde und Hühner, sie mögen ja die Milchkühe ja durchaus, wenn selbige sich vernünftig benehmen. Und dieses zunehmende Gedränge auf den Trampelpfaden, darin sind sich auf dem Bauernhof alle einig, bringt niemanden vorwärts.
Alle bis auf die Zweibein-Kühe. Ausser vom Muni auf ihre Weide lassen die sich nämlich nichts vormuhen, und so lange dieser ihre regemässig aufkeimende Lust auf noch mehr Kühe ihrer Art befriedigt, sind sie sich ihres Daseins zufrieden.
Die anderen Tiere auf dem Bauernhof sammeln nun (Milch-)Pulver. Ein stallübergreifendes Komitee will einen Verbund der Vernünftigen gründen und auf diese Weise die Zweibein-Milchkühe isolieren. Der einzig ganbare Weg, denn einen anderen Muni würde es sich nicht leisten können.
[blue_box]- *Nach Angaben der Schweizer Milchproduzenten, swissmilk.ch
- **Zitiert aus dem Argumentarium der Initianten; es wurde lediglich das Wort Strasse durch das Wort Trampelpfad ersetzt.
Am 5. Juni entscheiden die Schweizer Stimmberechtigen über die sog. «Milchkuh-Initiative». Diese hat zum Ziel, dass der Reinertrag der Verbrauchssteuer auf allen Treibstoffen ausser den Flugtreibstoffen sowie der Reinertrag der Nationalstrassenabgabe künftig ausschliesslich für den Strassenverkehr verwendet werden darf. Heute wird durch die angewandte Querfinanzierung des öffentlichen Verkehrs aus diesen Erträgen auch die Strasse entlastet. Dies helfe denjenigen, die wirklich auf Strassenverkehrsmittel angewiesen sind und entsprechend gut vorwärtskommen sollten,, argumentieren die Gegner. Gemäss deren Angaben kostet der Strassenverkehr den Bund schon heute rund siebeneinhalbmal mehr als der Schienenverkehr (78 Mrd. im Vergleich zu 10,3 Mrd. Franken im Jahr 2010, Quelle Bundesamt für Statistik, BFS). Zusätzlich fallen externe Kosten an, die von der Allgemeinheit und nicht von den Verursachern getragen werden (7,7 Mrd. Franken durch die Strasse und 0,73 Mrd. Franken durch die Schiene, Quelle BFS).[/blue_box]