Gas gibt die Schweiz derzeit am Gotthard, verkehrspolitisch so richtig zur Sache geht’s aber täglich vor unseren Haustüren. Wenn mal wieder ein Velofahrer bei Rot über die Kreuzung düst oder ein Offroader eine Pneubreite in den Velostreifen ragt. Dann fallen die Motorer und Pedalierer in den Kommentarspalten übereinander her. Der Velofahrer hat sich in den Disput vom vergangenen Freitag aus der Stadt Zürich – es geht dort aktuell um die Breite von Velowegen – gelesen und einige aus den insgesamt 270 Meinungsäusserungen auf «Tages-Anzeiger»- und «20 Minuten»-online zu einem einen Dialog gefügt. Eine subjektive Auswahl aus aber originalen Kommentaren.
Im Gespräch könnten sein:
- Beat, 42, Autofahrer und -pendler. Vielleicht TCS-Mitglied
- Werner, 56, Lastwagenchauffeur
- Lukas, 32, Velofahrer und -pendler, Zugfahrer, Passivmitglied von Pro Velo
- Karin, 38, Stadtbewohnerin, Mutter, Tramfahrerin, unerschrockene Kinderanhänger-Velofahrerin
Beat: Erst mal die ganzen absichtlichen Schikanen der grünen Zürcher Regierung beheben. Die meinen wohl, die Autos bleiben so der Stadt fern? Statt dass der Verkehr flüssig durch Zürich rollt, staut er sich, dank den Grünen. Und die Grünen sind auch schuld, dass es Nebel hat. dann sieht man als Autofahrer nicht mehr soviel.
Lukas: Wenn man das motorisierte Auto völlig aus dem Ortsbild verbannt, braucht es keine Radwege. Die überflüssigste Erfindung aller Zeiten muss nun endlich verschwinden und dem Velo Platz machen!
Beat: Platz fürs Velo? Häufig fahren die Velofahrer eh dort, wo sie gerade wollen, da brauchen die nicht reservierten Verkehrsraum. Da wird vor Kreuzungen neben dem LKW vorgedrängelt, nach der Kreuzung muss man dann mit 15 km/h denen hinterher fahren, weil kein Platz ist, um nach links auszuscheren und zu überholen, und so halten die Velofahrer auch noch den Verkehr auf.
Karin: Velostreifen mit 120 cm sind bereits eng! Ein Velolenker ist ca. 60 cm breit, da bleiben bei einem 120 cm breiten Velostreifen links und rechts noch je knappe 30 cm.
Beat: Sind sie wohl ein Breitlenker hä? Mein Audi hat auch kein Platz auf der Strasse, da muss ich halt auch Ihren Velostreifen brauchen. Kinderanhänger sind ja verantwortungslos hoch 1000, das Kind atmet auf dieser Höhe die Abgase der Autos ein und bei den noch verantwortungsloseren Fahrern mit ihrem Zickzack-Kurs sind Unfälle vorprogrammiert. Ich habe null Verständnis für solche Fahrradfahrer.
Werner: Genau so ist es. Kinder in diesem Alter sind besonders gefährdet. Kein Wunder gibt es später immer mehr asthma-anfällige. Wann setzt sich die Lungenliga ein?
Karin: Darf man die Fahrbahn für Autos auch verengen auf 2.50 cm Breite? Dann hantiert keiner mehr auf dem Handy, schreibt noch was auf Facebook weil er sich einfach konzentrieren muss.
Werner: Interesssiert eh niemanden! Auf jeden Fall nicht die Velofahrer, welche ich täglich sehe: vor der roten Ampel wird grundsätzlich nicht angehalten. Es ist reine Verschwendung von gelber Farbe.
Lukas: Weniger Autos in der Stadt, mehr Sicherheit und Lebensqualität! Bleibt in euren steuerbegünstigten Kantonen mit euren SUV’s… Autofahrer sind alle zu dick! Schau dich einmal an! Und dann schaut mal mich an. Topfit, schlank und kräftige Beine. Ich fahre mit dem Velo zur Arbeit. Winti nach Zürich. Meist mit paar Umwegen. Gibt täglich ca. 50 bis 80 km. Bin gar nicht viel langsamer als die im Stau! Ihr Armen!
Beat: Sie tun mir ein bisschen leid. Mehr ist dazu nicht zu sagen. 60-80 Kilometer täglich zur Arbeit? Was ist das für eine Arbeit.? Bestimmt nichts Anstrengendes – oder? Ist das die einzige Freude in Ihrem Leben?
Werner: Ich bin richtig stolz auf Sie, unter der Voraussetzung, dass Sie an Stopstrassen auch anhalten, Rotlichter befolgen, nicht auf Trottoirs fahren, Licht am Velo haben, beim Fussgängerstreifen den Fussgönger auch den Vortritt gewähren, keine Einbahnstrassen verkehrt befahren, nüchtern dabei sind usw.
Lukas: Ich arbeite auf dem Bau. Ist alles machbar, man braucht nur seinen dicken Hintern zu bewegen.
Beat: Was ist daran gesund, in einer Stadt Velo zu fahren und Abgase einzuatmen?
Werner: So wie sich die Velorowdies verhalten, bin ich für die Abschaffung der Velowege!
Karin: Also bitte. Es gibt auch genug Autorowdies. Strassen abschaffen? Ich wurde allein im letzten Jahr dreimal von Autos, die Verkehrsregeln missachteten, angefahren. Täglich sehe ich Autofahrer, die sich nicht auf der Strasse benehmen können. Bei jeder kleinsten Verzögerung wird gehupt, ausgerastet und noch mehr.
Lukas: Es scheint es überhaupt niemanden zu stören, dass Fussgänger andauernd bei Rot über die Ampel latschen. Ich bin für vernünftige Velowege, das erhöht die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer.
Werner: Nur ein im See versenktes Rad ist ein gutes Rad.
Beat: Bitte nicht unsere schönen Gewässer verschmutzen, dafür gibt es Schrotthändler und Schrottpressen.
Karin: Gilt übrigens auch für unsere schöne Luft und das Klima. Dafür gibt es Velos. Nur ein brennendes Auto ist ein gutes Auto.
Lukas: Falsch. Fahrradwege brauchts, weil die Autos alle andere Fläche für sich beanspruchen; also wäre es nur korrekt, dass die Autofahrer die Velowege bezahlen würden.
Beat: Würdest du mir eine Beule in meine Karre machen, fahr ich dich einfach übelst an und verschwinde. Im Flug kannst du dir meine Autonummer eh nicht merken und falls schon, zahle ich von Herzen gerne diese Busse.
Lukas: Ich bin zu flink, dass du mich überhaupt erwischt mit deiner Karre. Es sind nicht alle so fett wie ihr Autofahrer, Velofahrer können sich eben noch bewegen.
Werner: Die Lenkstangegoiferi halten sich so oder so an keine Regeln. Nur wir Autofahrer weden wohl ein noch grösseres Risiko haben, den einen oder anderen rücksichtslosen Radfahrer auf der Haube zu haben.
Beat: Velofahren sollte komplett verboten sein, somit verringert man die Anzahl Unfälle.
Karin: Dann müssten eher die Autos verboten werden. Das Velonetz ist ein unzusammenhängender Flickenteppich. Mal Radweg, mal Strasse, mal Trottoir und das abrupt und übergangslos. Jeder der es selber ausprobiert kommt unweigerlich zum selben Schluss. Die Tiefbaubeamten habens nicht im Griff.
Werner: Die Stadt gehört nun einfach dem Autoverkehr. Rege mich täglich über Velofahrer, die keinen Respekt gegenüber dem Rotlicht oder Einbahn aufbringen. Also ich bremse nicht für Fahrräder, selber schuld.
Beat: Velofahrer zahlen ohnehin keinen Rappen an die Verkehrsinfrastruktur. Es ist ein Schönwetter-Vehikel für die Freizeit.
Lukas: Meine Güte. Es geht eben gerade nicht darum, der Stadt Platz wegzunehmen, sondern ihr welchen zurückzugeben. Das Velo nutzt den knappen Platz viel effizienter und kostet sowohl die Allgemeinheit als auch den Nutzer selber viel weniger als das Auto.
Werner: Sie möchten wohl zwei Velospuren und zwei kombinierte Tram-/Autospuren? Da kann man wirklich nur den Kopf schütteln ab so viel Unverstand und Egoismus. Und alle Parkplätze zugunsten einer Velospur aufheben zeugt auch nur von Unvernunft.
Lukas: Warum soll es unvernünftig sein, bei knappen Platzverhältnissen dem Velo den Vorrang oder zumindest gleich viel Platz zu geben wie dem Auto?
Karin: Man kann es drehen und wenden wie man will: Trotz mehrfacher, klarer Volksentscheide in der Stadt Zürich ist die Situation für Velofahrer erbärmlich.
Werner: Diese dauernden Forderungen von Petri und vom VCS nerven langsam enorm. Da benützen kaum noch 7 % der Bevölkerung das Fahrrad.
Lukas: Ich bin ein Viel-Velofahrer und zahle Steuern, ein Teil der Steuern wird für den Strassen Unterhalt gebraucht. Ich als Velofahrer nütze aber die Strassen viel weniger ab als ihr Autofahrer. Es wäre schön, wenn wir alle probieren miteinander, Fussgänger, Velofahrer und Autofahrer, auszukommen. Danke!
Karin: Der erste vernünftige Kommentar. Es gibt doch noch vernünftige Leute.